Von Jean Paul an Georg Christoph Lichtenberg. Leipzig, 22. Juli 1784.
Brieftext
Wenn ein Jüngling von 22 Jahren sich die Freiheit nimt, Ew. eine
Satire für das Magazin zu senden, worin schon Ihre Satiren
stehen:
so kan er nicht das Geringste zu seiner Vertheidigung anführen
und ich
zweifle sehr, ob sogar die Satire selber,
hätte sie auch die grösten
Gaben, im Stande ist, seine Sache
mit einigem Glükke zu führen und
ihn von dem Vorwurfe der
Unbescheidenheit zu retten. Die einzige
Rechtfertigung mithin,
worauf ich mich verlassen mus, ist, daß wol
niemand noch von
seinen Arbeiten die grosse Meinung geheget, die
ich von
der gegen[wärtigen] zu haben versichern
darf; zumal da diese
Überzeugung von der Schönheit meines
Produktes nicht sowol von
einem gewöhnlichen Autorstolze als
von der Gewisheit herrührt, daß es
mit den geistigen Geburten
nicht anders als [mit] den leiblichen sein
könne, welche wie man sagt, desto wolgebildeter
ausgefallen, in ie
grösserer Furcht die Mutter wärend der Schwangerschaft
gewesen, daß
sie eine verrenkte und mit Muttermählern
entstellete Geburt der Welt
schenken werde. — Ich wage diesem
nichts hinzuzufügen als die Bitte,
daß Sie dem Briefe den Ton
der Laune und dem Aufsaze den Gehalt
derselben verzeihen mögen;
und als die Versicherung, daß ich mit der
Hochachtung, zu
der mich grössere Beispiele auffodern, bin —
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_76.html)