Von Jean Paul an Caroline Richter. Bayreuth, 2. Januar 1820.
Brieftext
Meine geliebte Seele! Deinen eingeschloßnen Brief vom 25ten
Dez.
hab’ ich erhalten, und du nun meinen vom 24ten wol auch. Ob gleich
Emma am Mittwoche etwas an die Mutter auf die fahrende Post
gibt
und ich und alles da mitschreibt: so send’ ich dir doch
dieses Blättchen,
damit du über alles beruhigt bleibst.
Erstlich verweile unbesorgt so lange,
bis du das ganze Ziel deiner Reise gewonnen hast; hier kommts auf
einige Wochen nicht an So kannst du
auch bei deinem jetzigen Gepäcke nicht mit schon
gefüllter
Fuhrgelegenheit reisen, sondern in eigner nach
Halle.
. Die Seeligkeit des Zusammenlebens wird
nur verschoben,
nicht abgekürzt. — Da dein guter Vater überall mit
größter Vorsicht handelte: so nimm seine bei Richter stehenden
1000 rtl. und schlage sie zu deinem Kapital und entschädige
Minna für
das Agio durch die 100 rtl. die er dir schuldig ist. Will Minna nicht: so
steht dir in jedem
Falle die Hälfte davon rechtlich zu, die du bei dem
Kaufmann stehen lässest. Emanuel räth
dir, so viel als möglich dein
Geld in Berlin anzulegen; hier ist keines sicher
unterzubringen. Er
will mir leider selber, wenn er seine Güter verkauft hat,
meine Gelder
wiedergeben. Durch Schwabacher können wir uns hier alles für Berlin
auszahlen lassen. Verwandle daher, der Reisegefahren wegen,
dein Geld
in Anweisungen, welche du hier bezahlt bekommst.
Ziehe doch Männer
zu Rathe; kann denn Ahlefeldt hier kein Mann sein? —
Wende dich in der Möbel-Versendung an den Buchhändler Reimer,
der dir als Kaufmann gewiß rathen kann. Nur vertraue ja
solche Schätze
sichern Fuhrleuten an. Beinahe wäre Theilung unter mehr als
einen
Fuhrmann zur Sicherheit gut. — Meine Fußgicht,
Blutbeule, und
Diarrhöe sind gänzlich besiegt; eine
zweimalige, etwas theuere Ein
reibung, die
ich mir früher hätte verschreiben sollen, stärkte die
Eingeweide so, daß sogar die jetzige große Kälte — die jedoch
meine Lungennerven noch nicht antastet — mich unbeschädigt läßt.
Hier hast du das Rezept; ½ Theelöffel voll reibst du ein,
doch
nur im Falle der Krankheit. — Max ist gesund, glücklich, aber zu
fleißig. Einen Brief von dir hab’ ich ihm geschickt. Am
Mitt
woche will ich dir von ihm
mitschicken. — Die Mädchen sind herr
lich-gesund. Ihre Weihnachtfreude übertraf
jede vorige. — Erfülle
ja Schwabachers
Wünsche nicht ohne fremde Rathpflege. — Die
Proben von glatten Papierstückchen hast du ganz vergessen. —
Ängstige
dich also ja nicht ein Bischen meinetwegen; was du
thust, ist mir recht. —
Grüße die vortreffliche Mutter
und Julius. Der Himmel sei in dir und
um dich!
Mein erster Brief in diesem Jahre ist also an dich, du liebe Seele!
Mögen alle meine lauten und stillen Wünsche für dich
eintreffen!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_1.html)