Von Jean Paul an Wilhelm Häring. Bayreuth, 22. Dezember 1820.
Brieftext
Schon Ihr Brief allein hätte mich genugsam erfreuet durch den
Ausdruck Ihres Wohlwollens und Ihrer Anspruchlosigkeit und so
mancher andern zarten Seelenzüge, die man eben darum nicht wieder
bezeichnen darf; zu welchem allen auch Ihr Besuchen und Grüßen
der
Fr. Rolwänzel gehört. Aber Ihr Gedicht besiegelte Ihren
Brief; und
ich fand dieselbe Gemüthlichkeit und Klarheit und Milde
darin. Bei
Ihrer Herrschaft über den Stoff dürfen Sie schon —
ob mir gleich die
Wahl des Metrums und des Gegenstandes (Treib-Jagd) nicht recht
zusagt
— einem von geschwefelten Weinen abgestumpften Publikum
sich
entgegenzusetzen wagen, im Falle dasselbe Ihre Gabe nicht genug
würdigen sollte. Denken Sie mehr an die Pflege des Weinstocks
als an
ein falsches Schönen des Weins.
Es geh’ Ihnen und Ihrer Muse recht wohl!
Beiliegendes Briefchen bitt’ ich Sie auf die Post zu schicken.
d. 26. Dec. N.S. Verzeihen Sie, daß ich in kein bestimmteres
Lob Ihres heitern Gedichts eingegangen. Noch warten 2
Trauerspiele
neben mir auf Lesen, Beurtheilen, und Ausstatten mit
Vorreden und
Verlegern; von welchem allen ich aber
nichts thun kann als das erste.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_131.html)