Von Jean Paul an Joseph von Görres. Bayreuth, 16. August 1822.
Brieftext
Vortrefflicher Görres! Der Überbringer dieses, welcher so sehr Sie
zu sehen wünscht, ist hiesiger katholischer Pfarrer —
Nam[ens]
Oestreicher — welcher als ein charakterbraver, amttreuer und
licht
voller Geistlicher bei zwei
Konfessionen zugleich in Achtung steht. Seine
Kunstliebe der Malerei, folglich aller Landschaften führt
ihn nach der
Schweiz. —
Ich bereu’ oft den von mir selber gewählten Verlust von Koblenz
und von Ihnen, da mich schwerlich wieder eine Reise in die
Nähe dieses
zweifachen Genußes bringen wird. Meine
Bewunderung Ihrer Kräfte
wächst sogar mit der Bahn, die Sie
zuweilen weit von meinen Über
zeugungen
entfernt, wenigstens von meinen religiösen, welche mehr
einem
Jacobi und Herder nachfolgen. —
Die politische Versündigung
an Ihnen ist ein wissenschaftlicher Raub an Deutschland.
Aber zum
Glücke bleiben Sie als Koriolan auch im Ausland unser Römer. —
Da ich Monate lang oder Bände breit mit Ihnen zu sprechen
hätte:
so will ich auch nicht das kleinste Aussprechen
auf einem Blättchen ver
suchen, das nur
den Überbringer überbringen und empfehlen und meine
hohe
Achtung für einen Mann, der aus Männern besteht, ausdrücken
soll.
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_326.html)