Von Jean Paul an Carl Friedrich Kunz. Bayreuth, 4. August 1824.

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Brieftext

Baireut d. 4ten Aug. 1824

Immer komm’ ich mit Bitten zu Ihnen, gefälliger H. Kunz, aber
dießmal nicht um Bücher, sondern um eine wichtige Belehrung. Seit
dem vorigen Winter wurden meine Augen — das linke war ohnehin
längst halbblind, ohne grauen Staar, und las wie Rezensenten und
Literatoren nur noch Titelblätter — von einem täglich wachsenden
Lichtfeind und Nacht-Ultra ergriffen, der mich, wenn ich mich nicht
wehrte, dem Orkus des schwarzen Staares in Kurzem zuführen würde.
Dann addio, opera omnia!

Nun soll in Bamberg ein gewisser alter Pater Pius Brunquell blos
mit dem Oele einer Fischleber größere Wunder an den Augen thun als
Hohenlohe vor unglaubigen Augen. Meine Bitte an Ihre Güte ist
also diese: mir alles, was von seinen heimlichen Kuren Wahres öffent
lich geworden, sammt den Urtheilen der bessern Aerzte über ihn,
gefällig zu schreiben.


Das elende Herrnhuter-Grau des Briefs schreiben Sie dem Dämme
runggrau meiner Augen zu. Herzliche Grüße an die liebenswürdige
Gattin und an Ihre Kinder.

Ihr
ergebenster
Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

* K (von Odiliens Hand): den 4ten August 1824. J 1: Doering S. 32×. J 2: Funck S. 137×. 264,34 Immer bis 35 Belehrung.] fehlt J 1 J 2 265,3 noch] so J 1 J 2, fehlt K 8 Oel J 1 J 2 an den Augen] so J 1 J 2, fehlt K 9 ungläubigen J 2 11 den Urtheilen] so J 1 J 2, dem Urtheile K 13f. Dämmerungsgrau K J 1 J 2

Über Pius Brunquell (1752—1828) s. Allg. Deutsche Biogr. 3,449.Nach Kunz’ unsicherer Angabe soll er J. P. eine Arznei mitgeteilt haben.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_445.html)