Von Jean Paul an Christian Otto. Bayreuth, 1817 oder 1818.

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Brieftext

[ Bayreuth, 1817/18? ]

Lieber Alter! Jetzo thut mir das Gestern auf eine umgekehrte
Weise weh, daß ich nämlich dir Unschuldigen einen Tag — wenn
auch selber unschuldig — zerstört und zerrissen habe. Ich hätt’ es
nämlich nicht glauben sollen — da du ewige Beweise des Gegentheils
gegeben — aber ich glaubt’ es auch nur Halb und dieß Halb gehälftet
wieder durch Nachgeben für andere.Hätt’ ich doch gestern, wie ich bei deinem zweiten Weggange gewollt, sogleich mit dir gesprochen! — Jeder Ort selber ist mir
übrigens einerlei; so ist die neue Stelle in deinem Garten mir
einerlei, ja, seitdem ich die schöne Einsamkeit und die Aussicht auf
den Himmel meiner Wetterprophezeiungen da gefunden, sogar
nicht mehr einerlei sondern lieber. — Du hast vor der Emma die
Abende bei der Rollwenzel so gelobt. Kommen wieder lichtere
Abende, sogar mit Mondsicheln, so wollen wir mit einander zum
Bier und Eierkuchen hinaus und die getödtete Freude wieder verklärt
auferwecken. Vergib, alter Freund, und schlafe in schönern Träumen
als mein gestriger Tagtraum war.

Textgrundlage

Jean Pauls sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 7. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1954.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin JP.

S. auch Nr. 365b. Auf die Rückseite des Billetts hat Otto geschrieben: „Völkerrechtl. Rapsodien enthaltend eine Verdammung der Seekaperei, eine Ehrenrettung der Barbaresken und einen Leichensermon der Malteser...“ In einem Schreiben an Cotta vom 1. Febr. 1818 (H: Cotta Archiv) bietet er eine Schrift über Seekaperei für die „Europäischen Annalen“ an, die aber nicht erschienen zu sein scheint. Er hatte offenbar Kaperer statt Kaper schreiben wollen und sich dabei auf Abentheurer berufen.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_365a.html)