Von Jean Paul an Friedrich Immanuel Niethammer. Bayreuth, 26. März 1815.
Brieftext
Verehrtester H. Oberkirchenrath! Sie haben meine Briefe
eigentlich weniger mir als denen zu verzeihen, die mich durch ihre
Wünsche und Hoffnungen dazu bereden. Im gegenwärtigen bin
ich
blos ein Zeuge dessen mehr, was Ihnen das
Rektorat wird vorge
tragen haben; die Bitte
und Ihre Erfüllung derselben kommen dann
von selber. Leider
ists wahr und außer dem Gymnasium noch mehr
anerkannt als in ihm, daß wenn man ihm den jetzigen spiritus
rector — welches nicht der
Rektor Degen, sondern Wagner ist
—
nähme, es zerfallen müßte. Sie können ihm aber durch
die Besetzung
des Mittelgymnasiums neue Wurzeln geben. Es ist
durchaus ein
kräftiger mit klassischem Geiste ausgerüsteter
Mann eilig noth
wendig, der den Oberklassen reife
Lehrlinge zuschickt; ja sogar einer
von einigem literarischen
Rufe, der nach Außen auf das Vertrauen
der Eltern
wirkt. Wenn das Rektorat so eifrig einen berühmten
Mitlehrer
wünscht: so setzt dieser Wunsch zum wenigsten nicht Neid
und
Eigennutz voraus. Die Zukunft der Schule ruht nun in Ihrer
Hand; und ich hoffe, diese wird als handelnde so segenreich für die
Wissenschaften eingreifen als sie es längst als schreibende
gethan.
— Grüßen Sie unsern Jacobi. Leider könnt’ er für mich eben so
gut in Elysium sein, so wenig hör’ ich, seh’ ich, bekomm’
ich von ihm;
denn nicht einmal sein versprochner zweiter
Theil ist erschienen.
Leben Sie wol in der stürmischen Tag- und Nachtgleiche, wo zu
Ostern in Frankreich nicht Christus auferstanden ist, sondern der
unbußfertige Schächer! — Mit innigster
Hochachtung
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_43.html)