Von Jean Paul an Emanuel. Bayreuth, 9. September 1809.

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Brieftext

[ Bayreuth, 9. Sept. 1809 ]

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich hätte auch seit drei Tagen
etwas bessers thun können als daß ich auf den Empfang Ihres
schönen Geschenks für die K[alb?] so lange schwieg. Wären Sie
freilich oft zu verdoppeln: so wäre jene bald glücklich. — Mich
drückt eine öffentliche Ungerechtigkeit — wie Ihre Kontribuzion —
halbe Tage lange; und der Druck überrascht mich wie ein Herz
gespann, oft mitten in der Freude.


An die Lochner hab’ ich geschrieben; mit Feldmann will ich
reden — und damit gut; nicht einmal die tolle Bittschrift an die
Berliner schreiben, welche ohnehin, da ich nicht da wohne, zu viel
Anmassung meines Namens voraus setzte. Aber vollends an
Deutschland? Zwei solche, des Weltlaufs kundige Männer, wie
Sie und O[tto] können so etwas Phantastisches rathen? — Soll
ich meinen Namen, den ich einmal für ein bedeutenderes Unglück
eines Menschen oder Orts gebrauchen kann, auf diese Weise
verschwenden? Wär’ ich in Dresden gewesen, so hätt’ ich für die
polnischen Familien etwas geschrieben. Was geht sie Deutschland
an? Müßt’ ich mich nicht schämen, es zu bekennen, daß ich für
eine Person, welche als Adeliche noch immer Hülfsquellen haben
muß, welche selber ökonomisch so oft mit Phantasterei und Leicht
sinn handelte, und deren Leiden doch z. B. gegen das Leiden eines
Hausvaters mit Familie ein kleines ist, ganz Deutschland auf
gerufen? Ich wüßte nicht einmal die Anzeige wirkend und treffend
zu schreiben. Fragen Sie doch Otto: „wohin haben Sie gedacht,
lieber Otto?“


Eben kommt Ihr Billet.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: SBa. Präsentat: 9/9/9. J: Denkw. 1, 221×. 52,16 Hülfsquellen] davor gestr. Ressou[rcen] 17 mit] aus voll

Charlotte von Kalb hatte in einem (nicht erhaltenen) Briefe J. P. gebeten, ihr und ihrer Tochter Edda in ihrer bedrängten Lage beizustehen durch Fürbitte bei Dalberg und durch einen öffentlichen Aufruf; vgl. Kalb S. 130ff., FB Nr. 6. Feldmann: wohl der Wirt des Gasthofs zur Sonne in Bayreuth.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_151.html)