Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 15. Dezember 1809.
Brieftext
Lieber Cotta! Für Ihr Morgenblatt dieses Jahrs arbeit’
ich
oder bessere ich an einem Aufsatze, der wol 4 Blätter
einnehmen
wird und welcher schon seiner Anspielungen wegen
einen Theil
der letzten Jahresblätter besetzen muß. Er heißt:
„kurzes Programm
„der Feste oder Aufsätze, welche der Verf. in
jedem Monate des
„künftigen Morgenblatts 1810 den Lesern geben
will.“ Ich nenne
darin jeden einzelnen Monats Aufsatz
und gebe Abriß und Proben
davon; z. B.: Stammbuch des Teufels
für den 1. August —
Küstenpredigt an die Engländer für den 5.
Febr. — Erziehungs
anstalt für Fötus von Stande — Steckbrief
hinter einer Frau von
Stand — etc. etc. etc. und der letzte:
mein Erwachen auf dem hiesigen
Sylvester-Balle im
Kasino-Saale. Ich verschwende darin 12 Er
findungen; denn aus jeder wäre leicht ein
langer Aufsatz zu machen;
ob ich aber nur einen dazu
ausspinne, weiß der Himmel.
Meine Bitte geht hier nur voraus, damit Sie mir Papier dazu
offen lassen; in jedem Falle langt er zur rechten Zeit an.
An diesen Aufsätzen wird sich die Zensur weniger stoßen als an
meinem letzten (Orient und Occident), woraus sie gerade die zwei
besten Absätze ausstrich.
Ich danke für Ihre Bezahlung der Daemmerungen; und für
den Druck in Jena, wo Zensur und
Druck gut sind, nämlich jene
keine Fehler voraussetzt, dieser keine hineinsetzt oder
doch wenige.
Was sagen denn bei Ihnen die 2 Gegenpartheien zu
den Daemme
rungen?
Wer jetzt die Wahrheit liebt und schreibt, macht sich
gegenseitige Feinde selber zu Feinden.
Grüssen Sie doch recht herzlich von mir, wenn es Sie nicht zu
viel Dinte, d. h. Zeit kostet, meinen Wangenheim in Stuttgart.
Die Morgenblatts-Berechnung verschieben Sie bis mein
Auf
satz dazu gekommen ist; wiewol sie durch
Ihr allzeitfertiges Be
zahlen nur sehr
klein sein kann.
Profess. Matthiae aus Frankfurt schrieb mir, daß wirklich
ein
„hochachtungswerther Mann“ die Papiere des
Oberförsters Wolf
zu dessen Vortheil geordnet und bearbeitet und daß er
dessen
2ten Theil liegen lasse u.
s. w. Keine Wolthat für Einen ent
schuldigt eine Uebelthat am Ganzen. Ich schwieg und schweige;
und so werde der Kadaver begraben.
Nach dem Empfange des Aufsatzes bitt’ ich Sie sehr, mir zu
schreiben. Der Himmel lohne und segne Ihre Unermüdlichkeit mit
einem frohen Jahre!
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_204.html)