Von Jean Paul an Friedrich Heinrich Christian Schwarz. Bayreuth, 30. Juli 1810.

Zum TEI/XML DokumentZur originalen Webseite

Brieftext

Konzept
Bayreuth 30 Jul. 1810

Hier, geliebter kanonischer und sonstiger Verwandter! zwei
Rezensionen zweier guten Bücher wiewol aus verschiednen Fächern.
Ich beurtheile freilich am liebsten was mir gefällt, da mir [mein]
Kunst-Gewissen eine wiederholte Lesung anbefiehlt, [die ich bei]
mittelmäßigen Büchern nicht aushalte. Das schlechte verdient ohne
hin nur Machtsprüche.


Vielleicht zieh’ ich im künftigen Frühling — auf neuen, mir ge
bahnten Wegen — nach Frankfurt; — und dann wär’ ich, lieber
Schwarz, sogar Ihrem physischen Herzen näher und allem Liebenden,
das Sie umgibt.


Die H[eidelberger] Jahrbücher dieses Jahrs hab’ ich noch nicht
gesehen, weil das hiesige „Journalistikum“ vom Staatsrath Langer
mann
abging mit ihm selber und der hiesige Kanzlei-Bibliothekar
Wagner sie bisher ohne sie zu bekommen, verschrieben.

Zwei Brüder v. Gerlach aus Berlin — wovon einer dahin zu
rückgegangen — waren bei mir, eine seltene und heitere Erscheinung
aus der jetzigen Jünglings Welt. Der eine, nach Heidelberg um
kehrende bat mich, ihm einen Einlaßzettel bei Dlle Rudolphi zu
verschaffen. In Ihrer Hand liegt der Zettel. Ich grüße die
Rudolphi, meine poetische Nebengevatterin. Leben Sie wol!

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K 1 (Konzept, nach Nr. 302): Schwarz Jul. *K 2 (Konzept): Berlin JP, 3 S. 8°. K 3 (nach Nr. 317): Den 30 July an Schwarz in Heidelb. vide Beilage [d. i. wahrscheinl. K 2]. A: IV. Abt., VI, Nr. 101. 125, 31 darüber gestr. Citissime K 2 geliebter] aus geliebtester aus verehrt. Freund K 1 32 verschiednen] aus zweien K 2 126,1 Kunst-Gewissen] aus Gewissen und Kunst K 2 Lesung] danach gestr. des rezensierbaren Werks K 2 2 aushalte] aus aushielte K 2 4—7 Zieh’ ich künftiges Jahr, wie sehr wahrscheinlich, nach Frankfurt, da sich mir jetzt schön gebahnte Wege dahin öffnen 〈aufthun〉, so haben ich und die Jahrbücher einander öfter und — was mir noch lieber — wir uns beide. K 1 10 abging mit ihm selber] durch dessen Abgang 〈Abschied〉 seinen eignen genommen K 1 11 darunter gestr. Meine Antwort an H. Prof. Boekh sind diese Rezensionen; — die vorgeschlagne über das „menschliche Elend“ kann ich vor der Hand nicht liefern, mit so vieler Freude ich auch das Buch [gelesen. vgl. dazu II. Abt., IV, Einl. S. VII.] K 2 12 darüber Die Rezensionen Ihrer Jahrbücher sind beinahe so schwer zu erhalten als zu machen K 2 16 Zettel.] danach gestr. Ich stehe für den redlichen Jüngling. K 2 17 meine] darüber Pathchen K 2 wol!] danach gestr. Alles eilig! Und warum? Blos durch Eilen heftet sich das Feste, Stehende zusammen K 2

Mit den Rezensionen von Fouqués „Held des Nordens“ und Köppens „Darstellung des Wesens der Philosophie“ (I. Abt., XVI, 360 u. 401). kanonischer Verwandter: d. i. Gevatter, vgl. Nr. 165†. Der Prof. L. H. Wagner war seit 1805 erster Kanzleibibliothekar; s. Nr. 324†. Gerlach: vgl. zu Nr. 270; der nach Heidelberg zurückkehrende war Leopold.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_321.html)