Von Jean Paul an Charles Villers, de. Bayreuth, 17. September 1810.
Brieftext
Geliebter Villers! Mein Schweigen sagte Ihnen das Nein
des
Herzogs voraus. Ich selber weissagte es Ihnen durch
Mittheilen
des Bittbriefes. Gleichwol schrieb ich an ihn, weil man auch
bei
kleinster Wahrscheinlichkeit des Erfolgs das Gute
versuchen so wie
bei ähnlicher das Böse vermeiden muß. Der
Herzog ist ein per
sonifizierter
Nebel — bunt — leicht — schwül — kühl — in alle
phantastischen Gestalten sich zertheilend — zwischen Sonne und
Erde schwebend — bald fallend bald steigend; — nur nie greife man
nach diesem Nebel. Hätt’ er ein Herz, sein dichterischer Kopf
wäre
der größte. Er schrieb mir auf einmal mit umgehender
Post 3 dicke
Briefe — Witz — Phantasie — Zorn über die
Daemmerungen
und über die Levana, worin
phantastische Fürsten getadelt werden
— Zürnen über das verschwendende Brautpaar — Zürnen
über
mich, der ich mich nicht an die reiche Schwester gewandt —
u. s. w.
erfüllten die Briefe. Sie lobt er als einen „Antikrites“ wegen
Ihres
Patriotismus für Deutsche, welchen ich Krites ihm zu ent
behren scheine. —
Ich habe nicht geantwortet.
Jetzt werden Sie von Ihrer Reise zurück und wieder bei dem
Schreibepult sein, aus welchem Sie mir eine Schöpfung ver
sprachen, welche für Frankreich nur von
Ihnen kommen kann.
Leben Sie nicht wie Sie schreiben, nämlich deutsch, sondern
froh.
[Adr.] An den gelehrten Gelehrten Villers.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_354.html)