Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 22. Dezember 1811.

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Brieftext

Baireuth d. 22. Dec. 1811

Der versprochne Aufsatz für das Morgenblatt kann wegen seiner
Länge und wegen jetziger Postzeit-Kürze erst anfangs Jenners er
scheinen. Der Titel ist: „Bußpredigt über den Bußtext im Allg.
„Anzeiger der Deutschen
No 335 S. 3617 bis 3622, betreffend
„deutsche Vorausbezahlung auf Wolkens versprochnes Werk über
„die deutsche Sprache.“ Ob er gleich beiläufig für den Vortheil
des trefflichen Wolke spricht: so ist das Ganze doch eine allgemeine
Satire auf die Kälte der Deutschen gegen Deutsche und Deutsch
(so heißt auch das Predigt-Thema), obwol mit Vermeidung jedes
politischen Seitenblicks.

Die Aesthetik, die ich zum Glücke noch keinem Verleger an
geboten, trug ich Ihnen nicht an, weil ich nicht voraussetzte, daß
Sie auf einmal 2 zweite Auflagen von mir annehmen würden.
Desto besser und seltener wäre die Annahme zweier fremd gewesenen
Auflagen! Ich denke ohnehin bei der künftigen Herausgabe meiner
sämmtlichen Werke (zu welchen die Vollendungen der Mumien,
der Flegeljahre und der biographischen Belustigungen gehören)
oft an Sie und Ihre Theilnahme; und muß also schon darum
wünschen, daß sich meine Werke in Ihrem Gewölbe, wenn auch
für ein noch mehr als 5 Jahre fernes Ziel, vorläufig konzentrieren.

Die Bedingungen der 2ten Auflage der Aesthetik sind:

  • 1. Erscheinung zur Mich[aelis] M[esse] 1812 — Format wie
    Levana

  • 2. Zwölf neue Druckbogen kommen außer kleinen Verbesserungen
    noch dazu; daher man alles in 4 Bändchen geben kann; da aber diese
    sehr klein ausfallen: so kommt es auf Sie an, ob in 3 oder 4 —
  • 3. Für den Druckbogen drei Louisd’or in Gold, wovon 40 L.
    zur Jubilate Messe, die übrigen nach dem Abdruck — der vierte
    nach dem Absatze von 500 Exemplaren — der fünfte nach Absatze
    von 1300 Exemplaren fällig sind — (Aus persönlichen Beziehungen
    muß ich auf der dritten Klausel bestehen. Bei einem andern Ver
    leger hätt’ ich sogleich die 4 L. bezahlt gefodert) —

  • 4. Die Stärke der Auflage wie bei der Levana

  • 5. Zwölf Freiexemplare auf Schreibpapier —

  • Und sechstens — denn sonst helfen alle 5 Klauseln nichts — daß
    Sie dazu Ja sagen.

    Die Anweisung der 40 L. im Jenner stellen Sie gefällig auf
    Leipzig aus.

    Dem Aufsatze für das Morgenblatt werd’ ich noch ein frühestes
    Jugendgedicht von Schiller zu Ihrem Gebrauche beilegen, worin
    wenn nicht seine Sonne doch schon seine Morgenröthe glüht.

    Meine Wünsche für Sie, lieber Cotta, am Schlusse des Jahres
    fallen mit denen für die Literatur fast zusammen. Mögen Sie aber
    nicht blos belohnen, sondern auch belohnet werden!


    Ihr
    Jean Paul Fr. Richter

    Textgrundlage

    Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

    Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

    H: Cotta-Archiv. 4 S. 8°. Präsentat: 27 Dec. 1811, [beantw.] 14 Jan. 1812. K (Anfang u. Schluß eigenh., Mitte von Karolinens Hand): Cotta d. 22 Dec. 239,33 also] aus es H 240,4 alles] aus sie H 14 Und] Endlich K alle] aus die H 18 frühestes] nachtr. H

    Cotta hatte also in dem nicht erhaltenen Brief v. 9. Dez. Jean Pauls Bedingungen über die 2. Auflage der Levana (s. Nr. 571) angenommen und sich außerdem noch zum Verlag der 2. Auflage der Vorschule erboten. Jugendgedicht Schillers: vielleicht der „Venuswagen“ von 1781, der 1812 in den von Cotta verlegten „Süddeutschen Miszellen für Leben, Litteratur und Kunst“, Nr. 46, wiederabgedruckt wurde. Jean Paul hatte es vielleicht von Schillers Jugendfreund Hoven erhalten, mit dem er in dieser Zeit verkehrte, s. 274, 6 und Persönl. Nr. 83.

    How to cite

    Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_581.html)