Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 20. Januar 1812.

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Brieftext


Baireuth d. 20 Jenn. 1812

N.B. Dieser Brief wurde vor Empfang des Ihrigen vom
14. Jenner angefangen.


Lieber Cotta! Endlich bring’ ich meinen Aufsatz, dessen Länge
sein Abschicken verzögerte. Wolke ist nur kurze Veranlassung; das
Meiste könnt’ ich eben so gut in meiner Vorschule sagen.und überhaupt ist der Aufsatz so gut ein Kunstwerk als irgend ein Roman
von mir, nur nicht so leicht anschaubar.
Schwer
lich wird auch der scheueste Zensor etwas darin zu streichen finden;
wär’ es indeßen doch: so bitt’ ich Sie, mir die Stelle, insofern der
Zusammenhang dabei litte, zu senden, damit ich ihn ergänze.


Hier ist auch Schillers Gedicht.

Auf meinen Verlags Antrag der Vorschule (vom 22. Dec.) haben
Sie mir noch nicht geantwortet, weil Sie wahrscheinlich auf den
Aufsatz warteten. Die Levana, obgleich beinahe bis zum 3ten Bande
wieder bessernd vollendet, kann ich erst im künftigen Monat senden,
da ein Aufsatz für das Frankfurter Museum und neue Nachbesse
rungen jener mich aufhalten. Die Anweisung der 40 L. stellen Sie,
wie ich schon geschrieben, gefällig auf Leipzig. Bei der Rechnung
des vorigen Jahres, Morgenblatt und Damen-Kalender betreffend,
vergessen Sie Ihre eigne Gegenrechnung nicht, welche durch J. von
Müllers Werke stark sein muß.

Ich bitte Sie um baldige Nachricht des Empfangs, so wie um
baldigenund wenigst möglichen unterbrochnen Abdruck, zumal des Anfangs.
Druck, schon des guten Wolke wegen.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

N. S. In der Ostermesse bitt’ ich Sie an H. Hofrath Wolkens
Ordre
die 2 rtl. Pränumerazion für sein Buch auf meine Rechnung
zu bezahlen.


Verte
Nachschrift vom 25. Jenn.

Ihren letzten Brief bekam ich durch Zufall 5 Tage zu spät. Meinen
herzlichen Dank für die Liberalität Ihres Anweisens ungeachtet des
wahrscheinlich zu übermächtigen Eindrucks, den der erste Augenblick
der bösen Nachricht gemacht. Noch las man ja in keiner Zeitung,
daß das bestehende zum Vortheil der Amortisazions-Kasse gegebne
Verbot, ein ausländisches Buch vor 20 Jahren nachzudrucken, zu
rückgenommen worden. S. Voß. Zeiten. Sollte denn französischer
Nachdruck sogar viel mehr schaden als östreichischer? Und sollten
Deutsche ihn kaufen? — Ferner bleibt Ihnen ja bei meinen Werken
der Schutz durch Pränumerazion und Subskripzionda ich gewis so viele Freunde in Deutschland habe als zu Ihrer Deckung
nöthig sind. übrig. — Mein
Ihnen bekannter scharfsinniger Freund Georgius glaubt, daß gerade
ein Krieg mit Rußland dem Buchhandel mehr Wege bahnen würde.
Ein anderer Freund, der in der vorigen Woche aus Rußland kam,
wußte nichts von Courier-Wechsel, oder Zurüstung oder sonst einem
Kriegs Zeichen. Indeß da doch immer die Möglichkeit des Aus
bruchs so wie des Nachdrucks fortdroht und da ich meine Aesthetik
nicht für solche Unbestimmtheiten verschieben kann: so möge denn
uns beiden die gegenseitige Freiheit zurück gegeben sein. Gleich
wol frag’ ich, bevor ich Ihre letzte Antwort habe, nirgend anderswo
an, da ich ohnehin für die Aesthetik nur die Materalien, aber noch
nicht deren Form vollendet habe. — Auch über die Levana bitt’
ich Sie bald um bestimmteste Nachricht. Es wäre aber sehr schmerz
haft für meine Anhänglichkeit an den liberalen und letzten und
stärksten Assekurator des deutschen Buchhandels, wenn ich auf ein
mal sogar zwei Werke — und meine wichtigsten — aus seinen
Händen in fremde müßte übergehen sehen. Noch hoff’ ich.


Sehr bitt’ ich Sie, die Bußpredigt genau abdrucken zu lassen,
z. B. Kriegfuß, nicht Kriegsfuß, so nicht Bildungs-Wechsel.


In irgend einer freien Viertelstunde machen Sie doch umsomehr
meine und Ihre Rechnung vom vorigen Jahre, da ich jetzt 40 Ld’or
von Ihnen voraus erhalten und ich gern weiß, wie viel ich schul
dig bin.


Für den Damenkalender kann ich nicht jetzt sogleich wegen so
vieler Nebenarbeiten etwas liefern. Wäre denn nicht für ihn
irgend eine Hogarthische Bilderreihe zu erfinden, die ich dann er
klärte? —


Leben Sie wol, Guter!
Ihr
Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Cotta-Archiv. 6 S. 8°. Präsentat: 1 Febr. 1812, [beantw.] 3 —. K: Cotta. 20. u. 25. Jenner (ab den 27ten). 247,7 Brief] davor gestr. ganze H 8 angefangen] aus geschrieben H 21 jener] aus daran H stellen] aus geben H 24 durch bis 25 muß] aus J. von Müller stark macht H 27 Wolke] aus Wolke’ns H 248,6 bestehende] danach gestr. Gesetz H gegebne] aus gemachte H 9 östreichischer] aus österreichischer H 21 für die] aus zur H 26 sogar] aus so H 27 übergehen] aus gehen HK

Der Aufsatz über Wolke erschien im Morgenblatt v. 11.—19. Febr. 1812, Nr. 36—43 (I. Abt., XVII, 275). Schillers Gedicht: s. 240, 18—20†. — In dem nicht erhaltenen Brief v. 14. Jan. hatte Cotta offenbar mit Rücksicht auf den drohenden Ausbruch des Krieges mit Rußland und die Gefahr französischen Nachdrucks die vorläufige Vertagung des Drucks der Levana und der Vorschule für nötig erklärt. 248, 8 Voß’ Zeiten: vgl. Nr. 586†. 14 Ein anderer Freund: vielleicht Jakob, s. IV. Abt. (Br. an J. P.), VI, Nr. 195. 249, 2 Hogarthische Bilderreihe: vgl. 84,34 †.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_601.html)