Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 27. März 1812.

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Brieftext

Baireuth d. 27. März 1812

Hier, mein lieber Cotta, send’ ich Ihnen von einer Bekanntin,
von welcher Sie schon früher etwas aufgenommen, zwei Aufsätze
entweder für das Morgenblatt oder für den Damenkalender. Das
Honorar wird Ihrem Bestimmen überlassen. Im Falle der Nicht
Aufnahme erbitt’ ich das Mspt wieder zurück.


Ich bin gern der Logenschließer Ihres Almanachs und stehe gern
hinten. Welches ist die allerletzte Zeitfrist der Lieferung für mich?


Mir fast unbegreiflich wurde in der Bußpredigt die nach allen
Parteien hin unschuldige Stelle von der „Zinninsel“ etc. etc. gestrichen.
Mit dem Abdrucke des Erraten-Verzeichnisses thun Sie mir einen
großen Gefallen.


— Über die beiden neuen Ausgaben sind wir durch Schuld der
Zeit leider noch nicht im Reinen und Festen. Freilich zieht sich
jetzt ein schwarzer Himmel über Europa zusammen, dem kein
Prophet ansehen kann, an welcher Ecke des Horizonts der letzte
Blitz oder der erste Stern erscheint; und ich fürchte, die künftige
Ostermesse ist die schlechteste, worauf freilich nur eine bessere fol
gen kann.

Aber wagen muß jetzt jeder; und mit mir wagt man gewiß nicht
das Meiste. Es ist freilich eine seltene Güte — die Ihnen nicht,
wie Ihre Bücher, wird nachgemacht werden —, daß Sie in die
von mir vorgeschlagnen Zahlung-Termine eingehen wollen, ohne
Rücksicht auf die Druck-Termine. Aber dadurch werd’ ich sehr der
Schuldner Ihrer Liberalität. „Was ist, schrieben Sie, daran ge
legen, an ein Paar Monaten späterer Erscheinung.“ An ein Paar
mir auch nichts; aber, insofern ich meinen Werken einigen nützlichen
Einfluß zutraue — und dieß muß ich, weil ich sie sonst nicht
schreiben dürfte — muß mir ein halbjähriger Aufschub ihrer Er
scheinung und Wirkung doch bedeutend sein. Die Levana ist bis
auf Weniges, an dessen Erschaffen mich meine alte marternde Sisy
phus-Arbeit 2 einzelner Aufsätze für Frankfurt und Schlegel ge
hindert, vollendet; und muß durchaus zur M[ichaelis] M[esse] 1812
ans Licht. Ist Ihnen diese Herausgabe zu beschwerlich: so geben
Sie dafür nur die Vorschule allein und ich suche mir für jene
einen Verleger. Natürlich such’ ich nicht eher als bis ich verloren.
Ich bitte Sie daher um recht bestimmte Erklärung über beide Auf
lagen.


— Ein großer Kenner des französischen Wesens behauptet, daß
wahrscheinlich, da Mozin nachgefragt, nur eine Verwechslung fran
zösischer Wörterbücher, da jedes ein Nazionaleigenthum ist, (neue
Artikel ausgenommen) mit andern Büchern vorgegangen sei. Aber
wozu dieß? Sie, (nicht ich,) können jetzt Licht geben.


Leben Sie wol und antworten Sie bald.


Ihr
Jean Paul Fr. Richter

N. S. Ich will hier einmal meinen ideen- und thaten-warmen
Wangenheim grüßen.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Cotta-Archiv. 4 S. 8°. Präsentat: 5 April 1812, [beantw.] 14 [?] —. K: Cotta 27ten März. J: Cotta 1, 388×. 260,9 aller] nachtr. H 17 an] aus ob H 31 doch] aus sehr H 37 Verleger] davor gestr. andern H verloren] davor gestr. einen verloren H

Bekanntin: wohl Amöne, vgl. Bd. IV, Nr. 226†. Zinninsel: s. I. Abt., XVII, 298, 25 und Einl. S. LIV. Erraten-Verzeichnis: zur „Bußpredigt“, abgedruckt im Morgenblatt v. 30. April 1812, Nr. 104. Der in Stuttgart ansässige Abbé Mozin (1771—1840) gab 1811—12 in Cottas Verlag ein französisch-deutsches Wörterbuch in 2 Bänden heraus.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_631.html)