Von Jean Paul an Christian Ernst Graf von Bentzel-Sternau. Bayreuth, 4. November 1812.
Brieftext
Verehrtester Herr Graf! Auf dem Parnasse wohnen wir ein
ander nahe; aber auf der geographischen
wie politischen Ebene ein
ander
sehr entlegen. Gleichwol wag’ ich es im Vertrauen auf jene
geistige Nähe, den Anfang einer andern durch eine, wenigstens Ihnen
unbedeutende Bitte zu machen, welche für Ihre Zeit nicht kurz
genug
sein kann.
Der Rentmeister Schweitzer in Frankfurt schrieb mir mit
der
gewöhnlichen kaufmännischen Kürze folgende (in
Abschrift bei
liegende) Nachricht, daß ich
mich über die Auszahlung meiner Pen
sion
nicht mehr an ihn, sondern an den hohen Geber selber zu wenden
habe, an den Großherzog. Ich bitte Sie um einen Wink zur
Wahl
der Form in dieser Sache; und
lassen Sie Sich zu einem Newton
dieser kaufmännischen Apokalypsis herab für mich.
Einen wiederholten Dank an Ihre königliche Hoheit leg’ ich
Ihnen nicht in den Mund, so sehr er auch dadurch
gewänne. Er
versteht sich gegen einen Fürsten von selber,
welcher, wenn er blos
auf dem Parnasse lebte und nicht auch
auf dem Throne, einen
Fürsten verdiente, der beglückte und aufhälfe wie er.
Möge Ihnen, verehrtester Herr Graf, da Sie als Minister
selber ein Theil der Geschichte werden, doch noch Muße bleiben,
ein Herr und Darsteller der ganzen zu sein! Und möge sich
Ihre
Hoffnung aufrecht erhalten in einer
schwanger-schweren Zeit, worin
Eine Stunde ein Jahrhundert
gebiert, und Ein Schlachtfeld einen
ganzen Erdtheil düngt! —
Mit inniger Verehrung des Geistes und
des Herzens
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_691.html)