Von Jean Paul an Christian Otto. Bayreuth, August 1813.

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Brieftext

[ Bayreuth, Aug. (?) 1813 ]

Lieber! — Marianne steht über mir. Eine solche Seele dichtet
nicht einmal der Dichter. — Zum Glücke folgte ich blos mir und
schwieg; und jetzo darf ich fortschweigen. — Ihre Briefe werden
wie ich sehe aufgemacht. — Lies meinen letzten an sie mit der Haar
locke. — Ihren gib heute Emanuel. — Du brauchst dich ja nicht
mit Suchen der Wörterbücher zu quälen: wenn ich nur weiß, daß
ich sie wo finden kann.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin JP.

Nach Försters Bericht hatte Marianne aus Jean Pauls letztem Brief (Nr. 778) herausgelesen, daß er sie liebe und Schmerzen um sie leide, und der Wunsch einer Vereinigung mit ihm war wieder leidenschaftlich in ihr aufgeflammt. „Bis zur Wildheit wächst die Begierde, und doch liegt über dem Mädchen der Schleier heiliger Unschuld, und die Angst, Törichtes zu wollen, ringt mit einer die Grenzen der Frauenwelt überfliegenden, ja selbst auf den angebeteten Geliebten herabsehenden Seelengröße.“ Als er darauf zunächst nicht antwortete, „ward es plötzlich Licht in ihrer Seele, sie sah ihre Verirrungen, und mit herzbrechender Reue naht sie sich wieder, ein gutes Kind, eine liebende Tochter, und will Vergebung.“

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_790.html)