Von Jean Paul an Emanuel. Bayreuth, 18. Juni 1814.

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Brieftext

Sonnabend [ Bayreuth, 18. Juni 1814
]

Guten Morgen, mein geliebtester Emanuel! Schon gestern hätt’
ich das schöne Gestern auch mit Worten an Sie gefeiert, wenn
das kleine Epheugärtchen wäre fertig gesäet gewesen. Es thut mir
und der Gärtnerin wol, daß die nachgestickten Epheublättchen gerade
um die treue Brust sich legen, um welche sich so viel lebendiger
Epheu der Freundschaft schlingt. Mein guter Emanuel, wie glücklich
Sie auch sein oder werden mögen: ich werde immer sagen: er hat
noch mehr verdient. Aber Ein Gut kann ich Ihnen auf der Erde
fest erhalten, es ist mein Herz. Und mir bleibe das Ihrige in diesem
schwankenden Leben!


Ihr
alter
Richter

Sonntag. Aus dem gestrigen Gestern wurde ein Vorgestern;
aber die Empfindung lebt ja ohnehin ohne Zeit.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: SBa. 1 S. 8°. Auf der Rückseite Emanuels Antwort. Präsentat: 14. Am 19t Juni. Der Wochentag und die Nachschrift mit grüner Tinte. J: Denkw. 1, 261. A: IV. Abt., VI, Nr. 245.

Emanuels Geburtstag (29. Siwan) fiel 1814 auf den 17. Juni. Emma gratulierte ihm in einem Brieflein v. 18. Juni (Apelt) zu seinem gestrigen Geburtstag: „Die Menschen sind Blumen, und Gott windet aus ihnen Kränze. Weil ich aber keinen Menschenkranz machen kann, so verfertigte ich nur einen menschlichen. Vergiß mein nicht.“ Nach J bestand das Geschenk in einer Batist-Weste mit einer Bordüre von gestickten Efeublättern.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_892.html)