Von Jean Paul an unbekannte Korrespondenten. Bayreuth, 5. November 1814.

Zum TEI/XML DokumentZur originalen Webseite

Brieftext

Nicht abgeschickt?
Baireuth d. 5. Nov. 1814

Das Eintreffen meiner zwei Weißagungen, gnädige Frau, daß
Sie gutes Wetter genießen und daß Sie nicht zu spät ankommen
würden, hat mich erfreuet; und meine übrigen Weißagungen und
Wünsche werden auch in Erfüllung gehen.

Nur etwas hat meine Freude über Ihren Brief getrübt. Sie
wenden sich nämlich darin an meine Frau mit der Voraussetzung
— die Sie ihr schon bei der Abreise äußerten —, daß sie die große
Mühe, das Ein- und Ausziehen Ihrer Möbeln zu besorgen, über
nehmen könne. Diese Aufopferung kann man meiner Frau bei ihren
unaufhörlichen häuslichen Geschäften, welche der Herbst noch ver
mehrt, und in der strengen Jahrszeit nicht zumuthen; und ich würde
sie ihr, wenn sie auch wollte, da sie fast immer zu sehr und zwar mit
Thaten, nicht mit Worten andern opfert, nicht einmal erlauben.
Sie ist mit nichts geizig als mit der Zeit; und sie versäumte z. B.
lieber die Sommerkonzerte als ihre häuslichen Arbeiten. Sogar ich
muß oft einen Monat lange warten, bis diese ihr Zeit zum Ab
schreiben meiner Manuskripte gestatten. Sie werden daher die Güte
haben, Ihre Instrukzionen über die Fortschaffung Ihrer Möbeln
Ihren zahlreichen Freundinnen und Freunden zu geben. Der Adel,
wenigstens der weibliche und der militärische, hat wenig zu thun;
aber eine Frau im bürgerlichen Stande desto mehr.

Wir ließen Ihre Kammerjungfer die beiden Kammern für Ihre
Möbeln besehen; sie fand sie aber für diese viel zu klein; auch die
Treppe zu enge zum Hinaufschaffen mancher Kommoden. Übrigen
andern Raum aber hab’ ich nicht; denn selber der bisherige Inhalt
der Kammern muß wieder untergebracht werden. Da der Transport
der Möbeln Sie 2 bis 3 fl. kosten würde: könnten Sie diese nicht
in irgend einer Stube des alten Quartiers aufbewahren lassen? —
Übrigens werden Sie sich noch meiner neulichen Ablehnung Ihres
Wunsches erinnern, meinen Saal zum Absteigequartier zu be
kommen. Ich sagte Ihnen, daß ich alle solche Gütergemeinschaften
mit Freunden aus Kenntnis der bösen Folgen durchaus vermiede.
Auch würde durch ein solches Herleihen die ganze Ordnung des
Hauses, so wie des Schlafens der Kinder und meiner Frau auf
gehoben.


H. v. Hutten war noch nicht bei uns. Fr. v. Barner sagt, sie
kenne Ihre Möbeln nicht.


Es schmerzt mich, daß ich gegen Ihre Wünsche schreiben muß,
und nicht für diese. Möge München es besser machen und Ihnen
alle mütterlichen erfüllen!


Ich und meine Frau grüßen Sie herzlich und alles was Sie
liebend umgibt.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin JP, also wohl nicht abgeschickt. 4 S. 4°. 407,23 des Schlafens] aus der Schlaf

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_947.html)