Von Jean Paul an Lotte Gößnitz (Gösnitz). Bayreuth, 22. November 1804.

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Brieftext

Kopie
[ Bayreuth, 22. Nov. 1804 ]

— Wie viel würd’ ich Ihnen sagen, wenn ich nur wüßte, ob das,
was ich schreibe, nicht zu früh oder zu spät oder ganz außer jeder Zeit
käme — Der Mensch behält — gerade von Träumen umgekehrt —
nur die verfehlten Wünsche, und vergißt die erfüllten. Wie viel
müssen nicht bei einem gebildeten Fräulein Wünsche 16 J[ahre] lang
erfül[l]t werden, bevor dasselbe nur erst einen gethan hat. Denn der
Himmel schenkt das Beste oft J[ahre] lang vor der Bitte. — Brief
Inkognito — So weiß ich auch nicht, ob Ihre Liebe für meine Werke
mehr die Empfindungen daraus schöpft und nährt — welche gerade
so wol in ihnen als im weiblichen Herz am stärksten herrschen —
als das feste Handeln nach Einem Grundsatz — (großjährige Jahre)
und zwar nicht aus Liebe für irgend einen Menschen (sonst handelt
wieder Empfindung). — Ich nahm Ihr offnes Herz wieder in ein
offnes auf.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 5. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1961.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K: Lotte Gösnitz in Elsterwerda 22 Nov. 13,4 und bis Liebe] nachtr.

Das Gothaische Taschenbuch des Deutschen Uradels von 1924 verzeichnet eine Karoline Juliane Wilhelmine v. Gößnitz (1781—1841), die sich am 12. Okt. 1804 auf Schloß Elsterwerda mit dem sächsischen Hof- und Justizrat Friedrich Freiherrn v. Manteuffel vermählte; vielleicht eine Schwester der Adressatin.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_37.html)