Von Jean Paul an Georg Friedrich August Goldmann. Bayreuth, 19. September 1807.
Brieftext
Ihr Brief hat mich sehr erfreuet, zumal da ich dessen Frage, ob
Sie ein Dichter sind, bejahen darf — Klopstockianismen — Seinem
Geschlechtsnamen entsprechen, da Gold den Apollo bezeichnet —
Sie
sollen Ihre Lyrik nicht abschwächen und platt prägen durch
den
Jugendausdruck derselben, es sei in Versen oder
Briefen, ja Predig
ten. Heben Sie
die ganze poetische Innigkeit im Herzen wie einen
Wolgeruch im
Krystallgefäß wol verspündet auf, wie ich that, der
ich mir
vorsetzte, erst im 30ten Jahr meine romantische Lyrik zu
geben und vorher nur durch die Satire sie zu erhalten und
vorzu
bereiten. Eine volle Seele kann
über denselben Gegenstand nur einmal
am vollsten
[sich] ergiessen, dann geht es seichter,
sie bettelt zuletzt bei
der Ebbe — Die andern Wissenschaften
sind Zuleiter (eigentlich
Wärme- und Lichtsammler) Ihrer Lyrik
— Geben Sie sich nicht zu
sehr Klopstock hin und überhaupt
keinem einzelnen Dichter, sondern
allen tüchtigen und jedem auf lange Zeit.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_401.html)