Von Jean Paul an Johann Ernst Wagner. Bayreuth, 5. Januar 1805.
Brieftext
Hier, Lieber, meine Doppelantwort! Hätt’ ich mehr Zeit, so würd’
ich mir gerne Ihre Briefe durch Fragen und Antworten zu verdienen
suchen, so sehr erfreuen sie mich.
Im Januar ist ein Entschluß für den Februar ein Wagstück, sogar
um den Preis einer Schöpfung. Den Nachtigallen in Ihrem Park
reis’ ich doch lieber nach — weil es hier gar keine
gibt — als den
menschlichen im Orchester.
Von meiner Aesthetik ruht die Hälfte noch unter meiner Gehirn
schale. Eine neue Auflage wird die zweite,
oder den Zwilling bringen.
Eben hab’ ich J. P.s Freiheits-Büchlein, eine Broschüre von
9 Bogen, fortgeschickt, durch die Jenaische Fakultät
veranlaßt,
welche meine sonderbare Dedikazion an den Herzog von Gotha
nicht
drucken ließ. Jetzt erscheint sie gedruckt, sammt sechs
Briefen von
ihm und mir, und einer Abhandlung über die
Preßfreiheit. Alles
Philosophieren aber entwöhnt durch seine
Leichtigkeit von der An
spannung des
dichterischen Darstellens.
Emma sitzt auf meinem Schooß während ich dieß Blättchen
voll
kritzle, und sagt immer: schreib Vater! Der
zweite Geburtstag
Maxens war der erste von Odilia, meines zweiten Mädchens, d. h.
vor 8 Wochen. Leicht kam meine Frau vom Kindbett auf, das
sonst
der Teufel mit Geier- und Rabenfedern füllt. Ich und
meine Frau
sehnen uns herzlich nach den Herzlichen in
Meiningen, um in einigen
Tagen Jahre zu wiederholen und zu antizipieren.
Ihren jetzigen Spiel- und Schreibraum bereitete Ihnen ein sehr
guter Genius, der wahrscheinlich an Ihrem Stile Freude hat. Es
geh Ihnen immer besser!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_50.html)