Von Jean Paul an Amöne Herold. Weimar, 30. November 1798.
Brieftext
Ein kurzer Brief ist doch auch einer, ich kan nicht allemal über meine
Sehnsucht herschen und mus sie durch meine Worte stillen.
Warum
schweigen Sie? — Sie könten mir so viel aus Ihrem
Innern, aus
seinen Epochen erzählen — denn meine Bücher sind
Briefe und meine
Zeit ein Nichts — Sie könten mir
sogar Ihr Tagebuch schicken, oder
doch exzerpieren — aber Sie
passen. Wie geht es mit Ihrem Engli
schen?
Berechnete ich mehr mein Vergnügen als meine Pflicht: warlich so
würd’ ich mehr Briefe als Bücher schreiben. — Gute, theuere,
un
vergesliche Amöne! dem
Raubgeier deiner stillen Freuden sind gewis
bisher die Federn
ausgefallen, das hoft mein Herz. Komme bald zu
mir und sprich
lange und vergieb dem Stummen! O wenn am Ge
burtstage unsers Otto Ihre und seine Thränen sinken und ihr
an euere
Herzen: so ist meines erinnernd und wünschend auch bei
Euch!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_162.html)