Von Jean Paul an Renate Otto. Leipzig, November 1797.
Brieftext
Troz des Feleisens, das ich heute schreibe und schicke, mus meine
Renate doch ein Blätgen bekommen, auf dem ich ihr meine ewige
Liebe sage. Ja wohl, Gute, thut ein stummes Scheiden weh: es ist
ein Abreissen, kein Ablösen. Ich las Ihren Brief über 5 mal und
immer
trat die weiche glänzende Stunde am Tauftage vor mein
Herz. Ich
sehnte mich darum nach Ihnen bitterer zurük als nach
irgend jemand,
weil ich bei allen, die ich verlies, es wuste,
es sei das leztemal, und weil
ich blos bei Ihnen diesen innern
Abschied nicht genommen hatte, da
ich immer den durch Besuche
gestörten Vorsaz hatte, ihn erst zu nehmen.
Ach wie entzükt
werden wir uns wieder sehen! Wie glüklich werd’
ich an
Ihrem Auge weinen! Und schon vorher wird mir ein schönes
Mädgen
begegnen und mich hinaufführen und ich werd’ es erst spät
errathen, daß es Paulline ist.
Ihre biographischen Belustigungen wird Ihnen die Köhler
in
8 Tagen zurükgeben. Meine Reisegeschichte etc. kan Otto erzählen.
Lebe froh, du schöne geliebte Seele, und so oft es dir wohlthut,
giesse dich in meine aus. Ich werde allemal eine Minute für dich übrig
haben. Grüsse meinen lieben Christoph. Ich bin hier so glüklich
wie in
Weimar.
Adresse: J. P. Richter in Graf Hohenthals Haus auf der Peters
strasse 3 Treppen hoch.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_2.html)