Von Jean Paul an Renate Otto. Leipzig, November 1797.

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Brieftext

Leipzig d. 4 Okt. [vielmehr Nov.] 97.

Troz des Feleisens, das ich heute schreibe und schicke, mus meine
Renate doch ein Blätgen bekommen, auf dem ich ihr meine ewige
Liebe sage. Ja wohl, Gute, thut ein stummes Scheiden weh: es ist
ein Abreissen, kein Ablösen. Ich las Ihren Brief über 5 mal und immer
trat die weiche glänzende Stunde am Tauftage vor mein Herz. Ich
sehnte mich darum nach Ihnen bitterer zurük als nach irgend jemand,
weil ich bei allen, die ich verlies, es wuste, es sei das leztemal, und weil
ich blos bei Ihnen diesen innern Abschied nicht genommen hatte, da
ich immer den durch Besuche gestörten Vorsaz hatte, ihn erst zu nehmen.
Ach wie entzükt werden wir uns wieder sehen! Wie glüklich werd’
ich an Ihrem Auge weinen! Und schon vorher wird mir ein schönes
Mädgen begegnen und mich hinaufführen und ich werd’ es erst spät
errathen, daß es Paulline ist.

Ihre biographischen Belustigungen wird Ihnen die Köhler in
8 Tagen zurükgeben. Meine Reisegeschichte etc. kan Otto erzählen.

Lebe froh, du schöne geliebte Seele, und so oft es dir wohlthut,
giesse dich in meine aus. Ich werde allemal eine Minute für dich übrig
haben. Grüsse meinen lieben Christoph. Ich bin hier so glüklich wie in
Weimar.

Lebe froh!
R.

Adresse: J. P. Richter in Graf Hohenthals Haus auf der Peters
strasse 3 Treppen hoch.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin (derzeit BJK?); Adr.: Antwort an Renate. K (nach Bd. II, Nr. 733): Renate4. Nov. [aus Okt.] J: Täglichsbeck S. 94 (4. Okt.). A: IV. Abt., III.1, Nr. 8.

4,10 Tauftag: von Renatens zweitem Kind, Sonntag, 22. Okt. 1797;vgl. 14,34 .

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_2.html)