Von Jean Paul an Christian Otto. Weimar, 28. Februar 1800.

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Brieftext

Weimar d. 28 Feb. 1800.

Ich stehe vor dem Räthsel und es löset sich nicht. Was ist das, daß
ich in diesem Jahre nichts von dir erhalte und erfahre? — Ich habe
mir sogar furchtsame Erklärungen gemacht. Den 6ten gieng ein
grosses Paquet eigner und fremder Briefe an dich ab. Auch Emanuel
und Friederike sind stum. Und gerade jezt, in der Zeit euerer Ver
änderungen, seid ihrs. — Ich wil aber mein Gefühl und mein Urtheil
noch keine Gestalt gewinnen lassen, da das Schiksal so oft mit einem
Heer von Zufälligkeiten einen Nebel um die einfachsten Handlungen zu
ziehen weis.

Über meine C. hatt’ ich einen neuen Straus mit Onkel und Bruder
auszufechten; und ich erwarte jeden Tag die Siegesnachrichten. Sie
wil an dich schreiben, sobald das Ende dieser Kriege es schiklich macht.
Beinahe schick’ ich dir ihr von ihr selber poussiertes Wachsbild, das
sie Herdern gegeben.

Ich leg’ einstweilen nur den Jacobischen Brief bei. (Hast du seinen
gedrukten an Fichte gelesen?) Aus dem Briefe von Fichte meld ich dir
nur, daß dieser grosse Denker jenen für den tiefsten unserer Zeit erklärt
und ihn weit über Kant erhebt. —

Lebe wohl; ich wolte dir nur schreiben, daß ich neulich geschrieben.
Meine Seele ist bange über Hof und dich.

R.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

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297,35 Jacobis Brief: an J. P. IV. Abt., III.2, Nr. 319. 36 Brief von Fichte: s. zuNr. 412.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_407.html)