Von Jean Paul an Caroline Henriette Susanne Friederike von Feuchtersleben. Weimar, 7. und 8. September 1800.

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Brieftext

Kopie
[ Weimar, 7., 8. Sept. 1800 ]

Ich weis nicht, ob sie jezt komt in den von neuem verschütteten
Hafen — Antonin etc. traten als Engel in meinen Lebenskerker, wo
ich nichts hatte, keinen Menschen und kein Brod, und nahmen mir alle
Wünsche und Leidenschaften der Erde und so waren alle Mauern des
Gefängnisses umgefallen. Im Tumulte etc. der dichterischen Schöpfung,
die brausende Welten und Kometen durch die Seele jagt, im Wogen
auf dem weiblichen Meer, das sich zu keinem schmalen Bach ein
schränkt, der sanft regierend mein Wesen führte und lenkte — da ist es
mir schwerer und anders als sonst — mir werden alle Steige der Windrose
angewiesen. Ihr Weiber wisset nicht, wie viel mehr Versuchungen und
Kreuzwege ein Man in seiner Wüste hat als ihr in euerem Garten
leben. — Mein Leben ist öde und stürmisch zugleich — ein Fürst solte
mir ein Winterquartier vergönnen. Warum sol ich ewig im Felde
stehen?

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K (nach Nr. 517): C. 7. 8. Sept. i 1: Wahrheit 6,145. i 2: Denkw. 2,253. A: IV. Abt., III.1, Nr. 424.

Der erste Satz bezieht sich, nach A, wahrscheinlich auf Emilie vonBerlepsch, die ja in dem „Hafen“ von Jean Pauls und Karolinens Häuslichkeit eine Zuflucht gesucht hatte. Antonin: vgl. Bd. I, Nr. 196, 226,12ff., II, 128, 16 .

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_515.html)