Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 21. Oktober 1795.
Brieftext
Hier hast du, mein lieber Otto, den Aufsaz, der mir unter den Händen
dramatisch oder historisch geworden ist. Wenn ich jezt nur
darthun wil,
daß 1 = 1 : so geräth mirs zu einer kleinen
Geschichte. — Das Motiv
oder vielmehr das Mittel, ohne allen
Has zu leben, erschien mir nur
2 mal in meinem Leben;
das 1 mal in Neuhof, da ich neben dem Stadt
syndikus stand und mich an ihm stil
ereiferte — Siehe Hesperus Tom.
3. p. 242 — Aber ich konte das entflohene Gefühl
nicht eher ganz
palingenesieren als neulich beim Feuer in M.,
wo mir die aus Ruinen
geborne gräslich im Blauen hängende Rauchwolke alle Leiden
der ge
marterten Menschheit
vormalte. Dan schlos ich Frieden mit allen
Menschen und mit mir
und hasse nun keinen mehr, (die schnellen
Minuten der Schwäche
ausgenommen). Möge mein Aufsaz stat der
Rauchwolke dienen! —
Wenn der Punkt der „Metempsychose“ darin
nicht die Stimmung
nachlässet, die nie aufhört: so hab ich nichts von
allem
ausgedrükt, was ich wolte. Mögest auch du alles, mein lieber
Theuerer, mit dieser kleinen Untersuchung ausheilen wie ich, was dich
an deiner oft verlezten Seele schmerzt!
Morgen schick ich dir den Rest; aber du thust mir den Gefallen, alles
bis auf den Sonabend — weil es da zu Emanuel sol — durchzulesen
und zurükzugeben. Die andere Woche begleitet es die
Berlin[er] Briefe.
Jezt früh.
Ich wolt es gestern vergeblich volenden. Lies, eh das Andre kömt,
nur bis zum Einbug.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_180.html)