Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 2. März 1796.

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Brieftext

Hof d. 2ten März 1796.

Guter Emanuel,

Hier ist —


  • 1. der Erxleben und Brief für Elrodt
  • 2. das Zeitungsblat für unsern Freund —

  • 3. das andere Blat für unsere Freundin —

  • 4. das vergessene Geld —

  • 5. die Gedanken über Gott —

  • 6. Und Ihr alter Richter, der bald wieder Ihr Erstaunen und Ihre
    heisse Umarmung holen wird — und

  • 7. hier (könt’ ich nach 5 Wochen dazu sezen) hier sind „meine bio
    „graphischen Belustigungen unter der Gehirnschaale einer
    „Riesin“. —

  • Ad Nro. 2. füg ich 10000 etc. Grüsse an meinen Schäfer und die Bitte
    bei, daß er dem H. Engelhardt meinen Dank mit dem Zusaz übergiebt,
    daß seine schöne Aufmerksamkeit auf eine Kleinigkeit wie die meinige ein
    schöneres Herz verrathe als die meisten besizen, die er selber immer lobt.


    Ad N. 3. Schneiden Sie den Namen weg: so darf ich alles lesen.
    Ich liebe die Frau unendlich: sie giebt sich für alt aus, aber die Seele
    und das Herz haben kein Alter, wie kein Geschlecht.


    Ad N. 5. Der Aufsaz ist ein unter Blumen sanft wegrollender
    Perlenbach vol Perlen, der erfrischt, nicht verschlingt und dessen
    glänzende Wellen die grosse Sonne führen — Gott.


    Ad 6. Ich sehne mich an die Brust meines Emanuels. — Komm
    ich wieder hinaus: so wil ich alles besser ausgeniessen, besonders Ihre
    Damen und Ihren Schäfer. — Die Fr. v. Kropf lässet mir Grüsse und
    Vorwürfe über das Aussenbleiben schreiben. Der Schneider sol jezt
    bei mir das besorgen, und bekleiden, wornach die Infanterie und die
    Stechfliegen zielen — die Beine. Er sol mir vorläufig ein Paar Hosen
    machen — von Casimir oder was Sie wollen, wenn es nur modisch
    und nicht Seide ist — und zwar bald (sogleich). Sie und Ihr Schäfer
    sollen wenn Sie wollen, die Farbe und Textur meines Anzugs wählen
    und nur Geschmak und Mode, nicht die Kosten, sollen dabei die Richter
    sein, weil ich damit mich in Leipzig, Weimar, Berlin sistieren mus.

    Gute gute Nacht, Theuerster! Ihr


    Richter

    Textgrundlage

    Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958.

    Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

    H: SBa. 4 S. 8°. 162,12 könt’] aus werd’ 18 meisten] nachtr. 21 wiekein Geschlecht] nachtr. 23f. dessen glänzende] aus auf dessen glänzenden 24 führen] davor gestr. darüber 30 vorläufig] nachtr. 32 (sogleich)] nachtr. 33 sollen] aus mögen

    162,5 Johann Chr. Polykarp Erxleben, „Physikalische Bibliothek“,Göttingen 1774—79; Auszüge daraus im 25. Exzerptenband (1795/96). Brief für Ellrodt: Nr. 244. 7 Blatt für unsere Freundin: Nr. 257? 8 Geld: vgl. 153, 7. 9 Gedanken über Gott: Ottos Brief an Emanuel,s. zu Nr. 223. 16 Joh. Konrad Engelhardt (1743—97), Redakteur der„Bayreuther Zeitung“ (Fikenscher). Schäfer bedauert im Brief an J. P.IV. Abt., II, Nr. 46 den Ausfall gegen den „Bayreuther Zeitungsschreiber“ im 16. Kapitel des Hesperus: „Zugegeben, daß er ein armer Tropf ist, soll man bedenken, daß er sich im Dienste des Vaterlandes stumpf gesoffen undstumpf geschrieben hat: und bei dem allen ist er eine gute Haut ...“ Erbittet, bei einer Neuauflage das Wort „Bayreuther“ wegzulassen, was auchgeschah (I. Abt., III, 225,23). Im vorliegenden Falle handelt es sich möglicherweise um folgendes: Nr. 31 der Bayreuther Zeitung v. 12. Febr. 1796enthält die Notiz: „Aufmerksame Beobachter der gegenwärtigen Witterungfürchten ein Erdbeben.“ In Nr. 37 vom 20. Febr. wird das Eintreffen derVoraussage gemeldet: in Florenz seien in der Nacht vom 4. auf den 5. Febr.Erdstöße gespürt worden. Vielleicht hatte Jean Paul, der sich ja viel mitMeteorologie befaßte, bei seinem Januarbesuch in Bayreuth jene Beobachtung geäußert, und Engelhardt hatte ihm durch Schäfer die Nr. 37mit der Bestätigung zugehen lassen. Vgl. noch Schäfers Bemerkung inseinem Brief an Jean Paul v. 7. Febr. 1796: „Es war doch neulich [beiJean Pauls Anwesenheit in Bayreuth], als wenn sich leblose und lebendeWetterpropheten verschworen hätten, Ihnen einen Possen zu spielen ...“ 27 Frau v. Kropff: vgl. zu Nr. 252.

    How to cite

    Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_255.html)