Von Jean Paul an Adolf Heinrich Friedrich (ab 1808) von Schlichtegroll. Hof, 21. Februar 1797.
Brieftext
Ihr Brief brachte mir zu den Vorfrühlings-Tagen, die der Himmel
über uns öfnet, gleichsam die Schmetterlinge und die Blumen mit.
Man wird besser durch Bücherlesen als durch Bücherschreiben
und ich
habe oft gewünscht, ich könte meine Sachen lesen ohne
sie zu machen,
um mein eigner Bischof in partibus infid[elium]
zu werden. Warlich
oft bedarf der Exorzist selber des
Exorzism. Das Gute hat das
Schreiben, daß es den grellen
Kontrast des Ideals mit der Altäglich
keit
mildert: die ewige Sehnsucht nach dem Ideal wird durch die Dar
stellung desselben entladen wie die Liebe durch Besiz. Aber
beim Leser,
der die Darstellung nur betrachtet, ist der
umgekehrte Fal. Möge Ihnen
das Schiksal den Kontrast ersparen
oder verbergen durch Mitteltinten!
Mög’ es aus Ihrem Lebens
Mai die Maifröste weg lassen! Und auf
dem Siegel Ihrer Zukunft
stehe immer das holde Wort des Ihrigen:
Χαιρε!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_538.html)