Von Jean Paul an Wilhelmine von Kropff. Hof, 7. Juni 97.
Brieftext
Sie würden hart gegen einen sein, der oft weiter nichts ist
als stum,
wenn Sie aus meinem Stilschweigen nicht geschlossen hätten,
daß ich
Ihren kleinen Auftrag über die Flachsspinnerei
zwar ausgerichtet
habe aber ohne Nuzen. Dem Mädgen fehlt nicht
die Willigkeit
sondern ein — Spinrad dazu; und ihre Armuth verbeut ihr,
zu
kaufen und zu lernen.
Ich kan Ihnen nicht sagen, wie ich mich nach einem kleinen Wieder
scheine Ihrer Hand oder vielmehr Ihrer
Handschrift — denn zum
ersten wäre das Papier nicht weis genug
— nun seit einer so langen
Entbehrung sehne. Dieser Brief ist
der dritte — nämlich zwei vor
meiner Bayreuther Reise
mitgerechnet —, dem Sie wenn nicht
3 Zeilen doch 3 Sylben Antwort schuldig sind.
Mein herzlichster Wunsch ist, daß Sie sich — nicht wohl befänden,
damit das gute Schiksal und der schlimme Körper Sie nach
Karlsbad
bereden und bringen, und zwar blos darum wünsch’ ichs,
weil ich
dieses mal selber dahin reise, ob ich gleich gesunder
hingehe als andere
abreisen: denn ich habe dort nichts zu
suchen als — stat der Arzneien —
Freuden, und darum wünschet
Sie meine Seele hin.
Ich wünsch’ Ihnen — ausser der Gesundheit — alles was Sie trösten,
stillen, freuen kan. Leben Sie wohl und schreiben Sie mir
bald,
zürnende und geliebte Freundin!
Fr. Richter
Sie werden mir schon dieses Pläzgen zugestehen, damit ich darauf
meine freundschaftlichsten Grüsse und Erinnerungen an H.
v. Wam
bold niederlege. Geben Sie ihm
in Ihrem Briefe auch ein solches
Spielpläzgen für die
Freundschaft
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_632.html)