Von Jean Paul an Amöne Herold. Hof, März 1795.
Brieftext
Sie bezahlen Dinge, die durch einen gemeinschaftlichen Genus
keinen Werth verlieren, zu gütig mit solchen, die nur einen
einzigen
erlauben. Ich danke Ihnen eben so sehr als mich die
Nachricht betrübte.
Eines weis ich gewis, daß O[tto] nicht kalt war sondern Ihnen nur
vorkam in einer Minute, wo Sie gerade den Grad Ihrer Wärme
in
jedem Worte suchten. Thun Sie es nie, schreiben Sie nie auf der
Stelle hart — ich habe mich allemal gefreuet, wenn ichs unterlies —
und am allerwenigsten ihm, der keinem
Menschen eine harte Antwort
giebt. Kan und mus er denn nicht
100 Ursachen des Abschlagens
haben, die Sie selber billigen
würden und die sich nicht auf Kälte be
ziehen? — In seine kränkliche Brust gräbt sich eine solche Eisspize zu
tief ein. Kälter nicht, aber wärmer kan er sein, nach meiner
Bemerkung,
daß man den Gegenstand seiner Achtung alzeit
wärmer liebt, wenn
ihm gerade andere erst gehuldigt haben. —
Nehmen Sie gerade zu in
einem 2ten
Billet das äusserlich zurük, was Sie schon innerlich zurük
nehmen. Schlafen Sie wol.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_80a.html)