Von Jean Paul an Siegfried August Mahlmann. Meiningen, 5. Oktober 1801.

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Brieftext

Meiningen d. 5. Okt. 1801.

Lieber Schwager und Bruder im Du! Hier send’ ich dir ein Bruch
stük aus einem Manuskript, das dich um ein Paar Flügel zum Ausflug
ins Publikum bittet. Es besteht aus nichts als überfliessendem Wiz
und Humor und Kentnissen aller Art. „Die Blätter von Aleph bis
Kuph bei Rabenhorst 1801“ sind von ihm. Ich und das Schlegelsche
Stylisticum haben ihn ein wenig verdorben; aber die Zeit wird seine
Sonnenflecken — nicht einmal Mondsflecken sinds — aus ihm weg
scheuern. Das Werk ist — ausser der 2 Bogen langen Vorrede,
140 Seiten lang; kleine kurze Fakta sind bei ihm nur der Boden seiner
satirischen Erupzionen. Eine Vorrede kan ich — da er zu oft gegen
meine Überzeugung und nach den beiden magistris sen[ten]tiarum,
den Schlegeln, spricht — nicht dazu machen wie ich anfangs gewünscht
hatte; aber im Merkur mach’ ich auf mein Wort Auszüge aus den
Blättern“ und das Publikum aufmerksam auf diesen Kraft-Geist.
Er hat noch geschrieben: Cononis Narrationes L. ex Photii Biblio
theca edidit etc. Arnold. Kanne.
1798. Ich sende dir im Vertrauen
auf deine Verschwiegenheit und Güte seine beiden Briefe an mich. Ich
hoffe, daß du mit allen diesen Gründen Voß für ihn gewinst. 200 rtl.
ist doch das Wenigste was man Marktgeld für diesen Silberfasan
fodern kan. Ich mus einen so reichen Geist aus der Presse des Schik
sals ziehen.


Welche reiche frühlingswarme, eine Welt nach der andern ge
bährende Zeit trit jezt ihre saturninische Regierung an!

Antworte mir bald, Lieber! Freudig hör’ ich, wie glüklich du und
deine zweite Seele ist, die nie glüklich genug sein kan. Um dieses Glük
zu sehen und zu geniessen und euch auch eines zu zeigen und meiner
Frau ein unendliches zu geben, komm ich wohl bald einmal nach
Leipzig. Grüsse, aber schilt deine Frau, die so selten und kurz meiner
Vielschreiberin antwortet. Grüsse Oertel recht. Lebe wohl!

J. P. F. Richter

Ich habe mehr nach dem Porto als Werthe aus dem Mspt gewählt.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin acc. ms. 1890. 72 derzeit BJK). 4 S. 8°. K: Mahlman 5 Okt. J: Deutsche Dichtung VIII(1890), S. 71. 106,3 aus] aus von H 4 2 Bogen langen] nachtr. H 8 Schlegeln] aus Schlegels H 13 Ich] davor gestr. Berede H 16 Ich bis 17 ziehen.] nachtr. H einem .. Geiste H

Vgl. Nr. 189†. Kanne hatte inzwischen das Manuskript der „KleinenHandreise“ geschickt und seinen wahren Namen und seine Notlageoffenbart (IV. Abt. (Br. an J.P.), IV, Nr. 169). 106, 9f. Nicht geschehen. 18f. DerFriede von Luneville (9. Febr. 1801) hatte den Kriegen ein vorläufigesEnde gesetzt; vgl. 113, 33f.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_193.html)