Von Jean Paul an Caroline Herder. Meiningen, 18. November 1801.

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Brieftext

Eilig
Meiningen 18. Nov.1801 .

Theuere Freundin! Sie werden meinen Brief erhalten haben wie
ich die Ihrigen. — Ihren Franco-Wunsch erfüll’ ich mit Freude und
Sehnsucht; aber vorher mus ich Ihrentwegen Ihnen folgendes vor
legen: Wenn die Fürstin Ihre (so leicht zu erfüllende) Bitte dem
Fürsten vorträgt: so kan sie es nicht in meinem Namen thun — da
jeder selber bitten mus — noch in Ihrem — sondern in Ihres Mannes
Namen. (Denn ohne Bitte kan kein Privilegium gegeben werden).
Jenen verehrten Namen sol ich aber nicht nennen; wie ist das zu
machen? — Ja, wenn Sie es sogar erlaubten: so gieng’ es nicht, daß
ich als Mitler Herders spräche, da er viel leichter meiner sein könte
und ich diesen Verehrten kompromittierte, wenn ich für anstat durch
ihn etwas bäte; zumal da die Fürstin ihn in so hohem Grade ver
ehrt. Am besten also wär’ es, wenn Herder seine so kleine Bitte, die
unmöglich fehlgreifen kan, selber vortrüge, ja sie sogar — weil sonst
ihr Objekt zu klein ist — auf andere Reichsländer, in denen Sie noch
Söhne haben, ausbreitete.

Ich bitte Sie daher, unseren Herder nicht einmal mit dem Dasein
Ihres frühern Wunsches bekant zu machen, damit er nicht „anfahre“,
wie ich sonst am seeligen Tisch-Pole zu sagen pflegte. Übrigens steht
Ihnen meine Feder, meine Bekantschaften und alles was ich vermag
zu beständigen Diensten. Leben Sie wohl, treue Mutter! Die schöne
Luise sei gegrüsset und geküsset; und der lustige Arzt sei das erstere. —

R.

Meine Caroline grüsset und liebt die Weimarsche Caroline.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Goethe- u. Schiller-Archiv. 3 S. 8°; auf der 4. S. Adr.: Frau Präsident v. Herder Weimar fr. J: Herders Nachlaß Nr. 44. B: IV. Abt., IV, Nr. 186. A:IV. Abt., IV, Nr. 193. 116,15 Ihnen] davor gestr. Sie noch 21 sogar] nachtr. 29 unserem

Karoline Herder hatte — ohne Wissen ihres Mannes — gebeten, umden brieflichen Verkehr mit Stachesried (Adelberts Gut) zu erleichtern,möge Jean Paul bei der Prinzessin (Therese) von Thurn und Taxis fürHerder und seine Söhne um Portofreiheit auf den Reichsposten nachsuchen.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_210.html)