Von Jean Paul an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Meiningen, 26. Januar 1802.
Brieftext
Geliebtester Vater! Alle Antworten, die Sie bekommen, werden
Ihren Schmerz von neuem öfnen; und die Theilnahme wird eine
Wunde. Ich sage nichts über die Flucht der schönen reinen Gestalt;
und Ihr einziger Trost dabei ist, daß sie schnel
dahingieng, ohne erst
auf
[der] langen schweren Folter dieser
Krankheit zu bluten. — Haben
Sie meinen innigsten Dank für
Ihre Schonung meiner Frau.
Minna hatte sie freilich mit einem unbesonnenen
Hereinstürmen der
Nachricht vereitelt; indes gieng doch der Seelenschmerz ohne
Körper
schaden bei ihr vorüber.
Sie ist jezt d. h. seit ¾ Jahren sogar ohne die
vorigen kurzen
Intervalle ihrer Gesundheit, ohne Zahnschmerz und
starke
Katarrhe. — Unser Glük hat keinen Herbst und Winter, nur
den
Frühling. Wie nahe trit mir da der Wunsch für den Geber des
selben, daß er doch nach etwas suche
was er nach seinen Verhält
nissen,
nach seinem Werthe und im reichen Berlin gewis fände!
Ihre jezige Einsamkeit ist für Ihre mittheilende Seele eine
zu
harte. —
Möge Ihr Geist seine Wunde bald durch den innern Balsam seiner
Kräfte selber heilen! Leben Sie wohl!
J. P. F. Richter
Das spätere Antworten C[arolinens]
war meine Veranlassung,
um sie zu schonen.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_235.html)