Von Jean Paul an Johann Ludwig Heim. Coburg, 21. Juni 1803.
Brieftext
Mein unvergeslicher Präsident und Siésten-Gast! — Indem
ich meine Dinten-Flasche über dieses Papier halte und
stürze: kan
kein Tropfe heraus, blos weil sie ganz — vol ist.
Ich wolte, ich hätte
weniger zu sagen, so könt’ ich mehr
sagen. Unsere Freude und Lage
mögen Sie aus meiner Caroline Brief an die Schwendler
ersehen.
Das einzige was ich Ihnen zu sagen, Papier und Zeit habe, ist,
daß Kretschman nicht des Teufels
lebendig ist, sondern ein herlicher
Kopf — ein rein durchschreitender energischer
(Präsidenten-)Karakter
— ein von den Besten geachteter Man
— das Land, nicht den Thron
bauender Man — der Antichrist des
Schlend[r]iannischen Antichrists,
der kekste Feind der Justiz-, Kammer-, und Hof-Wöchnerei und
Spiz
büberei — und ein Man, der
dadurch in kurzer Zeit vor ganz Deutsch
land aus einem Unglükskometen zu einem
Weisen- und Glüksstern
werden wird, daß er seine ganze
Organisazion und alle Angriffe
derselben und alle fürstlichen etc. Briefe drucken lässet.
Wenn Sie
das Werk lesen, werden Sie vorn Ihren Namen
hineinschreiben und
dabei sezen: sic pagina jungit amicos.
Leben Sie wohl, mein alter, junger, verehrungswürdiger Präsi
dent! Schreiben Sie bald und jede Nachbarschaft Ihres Herzens
sei
von uns beiden herzlich gegrüsset!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_383.html)