Von Jean Paul an Johann Ludwig Heim. Bayreuth, 9. April 1805.

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Brieftext

Kopie
[ Bayreuth, 9. April 1805 ]

Ich wollte, ich hätte Ihren verjüngenden Brief — denn jedermann
braucht jetzt Verjüngung, er sei so jung als er wolle — am Tage be
kommen, wo er wie ich geboren wurde. Schöner konnte meine vorige
Nachbarschaft nicht palingenesiert werden. Warlich würd’ ich
frankiert wie Briefe eines Parlamentsgliedes oder eines R[eichs]
Hofraths: längst wär’ ich bei Ihnen, wenn nicht abgestiegen, doch
eingetreten. Es ist erbärmlich, daß die 100 ℔, die man etwa wiegt, so
viel Porto kosten — im Falle man sie nicht selber trägt — wenn man
sie zu andern 100 ℔ (ich meine Sie) spedieren will zu einem guten
geo-, helio-, selenognostischen Diskurse. Lieber 100pfünder, um
noch lange in d[ie] Welt zu feuern — wenn andere feiern —,
müssen Sie durchaus abends wenigstens Suppe essen; und ferner weit
mehr Wein Mittags trinken als Sie etwa verschenken, wenigstens
2 Gläser. Dieses Oel muß jährlich häufiger in Ihr Feuer gegossen
werden. Ich wollte, Sie folgten hierin einem Mann, der sich nie
krank werden ließ.


Vorschule Unterschied von der neuesten hohen Schule und ihren
Pereats. — Allerdings fehlen der Meininger Davids Harfe die
Thiere gar nicht, woraus Saiten für und auf sie zu ziehen sind und
welche David früher weidete. — Warlich ohne Bibliotheken wäre
das Erdenleben gar zu dünn und matt, z. B. in Bayreuth — Er
Feuerländer im schönsten Sinn.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 5. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1961.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K: Konsistorialpräsid. Heim 9. Apr. i: Wahrheit 7,29×. B: IV. Abt., V, Nr. 39. 35,9 daß] danach man

35,7 Briefe von Parlamentsgliedern und Reichshofräten brauchten nicht frankiert zu werden. 14 Heim hatte geschrieben, daß er abends nur Bouillon mit Reiswasser esse. 19f. Heim hatte die Lobeserhebungen der Tieck, Schlegel, Schelling und Consorten in Jean Pauls Ästhetik beanstandet; Unerfahrene könnten dadurch verleitet werden, Jean Pauls Schriften mit denen dieser Jünger in eine Kategorie zu stellen. 20 Meiningen hat oder hatte die Gestalt einer Harfe; s. I. Abt., X, 92,19† (Flegeljahre Nr. 15). — Nach Nr. 95 enthielt der Brief einen Gruß an Ernst Wagner.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_93.html)