Von Jean Paul an Christian Otto. Coburg, 11. Dezember 1803 bis 17. Dezember 1803.
Brieftext
Lieber Otto! Ich wil dir ein wenig antworten auf deinen
künftigen
Brief; und wie Emanuel dir, so magst du ihm das Nöthige referieren
oder geben. Und darunter gehört a) daß ich anfangs seine 2 Geld
Rollen gar nicht angesehen, nachher aber 100 rtl. schweres Geld,
also über 20 rtl.
darüber und über das Plus noch ein 6 rtl.-Plus
gefunden habe, was noch in den Wechsel hinein gehört,
wohin auch
das für Lore
aufgefundne Douceur zu rechnen. Er habe Dank für
alles Verborgne und Ofne. Ferner b) hab’ ich den Cottaischen Brief
— nicht Lebens- aber Sterbens halber —, der das
Sept-leva der
Ld’or bestimt, zwar nach allem Suchen in allen Rechts-
und Ord
nungs-Winkeln und Brief-Kästgen
unter dem Kanapée nicht ge
funden, aber in leztern spielend Emma, die ihn darausgezogen. So
spielt das Geschiks-Spiel! Daher werd’ ich jährlich
abergläubiger,
z. B. an meine Definitiv-Zwei (die stets der 3 widersteht); so hab ich
2 Brüder verloren etc. so hat die 3te Schwester kein Kind. — Ernestine
reisete am Tage nach der Taufe ab
(Mahlman war ihr bis Rudol
stadt entgegengegangen) — so
glüklich erlas ich den Tauftag; denn
ich bin gar
nicht ohne Verstand.
— Cotta hielt Wort —
v. Doppelm[aier]
— als Dorpats Korrespondent reisend — bleibt
noch etwas hier. In nichts philosophisch tief — zu
gefällig und lobend,
so daß er mir 〈uns〉 anfangs
weniger gefiel als doch später — gut
müthig und schwachlügend — noch schön aussehend, so wie seine Frau
jezt jünger aussieht. Sie hat hier viele Freundinnen und
ist eine
starke meiner Werke. — Man stelt hier einen
Braumeister aus dem
Bayreuth[ischen] an, wohin er eben
gegangen ist nach Hefe. — Kan
man nicht in euerer Gegend eine götliche Magd
kriegen auf Februar?
C. wil sie blos unendlich reinlich, herlich waschend,
kochend, treu, un
grob, und ich bin mit Jugend und
Schönheit zufrieden. — Schreibe
mir etwas über Liebman; denn nächstens donner’ ich hinein. — Da
Steinwein der blosse Tischwein ist und 28ger Hochheimer ja
28 Stein
wein, und seltenster
französischer Wein der Dessert-Wein: so kanst
du denken, daß Thümmels Hiersein
samt obigen mir gefallen mus. —
Vorigen Sontags um 9½ Uhr abends tanzt’ ich — wenn ein
Schreiten
so zu nennen ist — mit der Grosfürstin eine Polonaise. Die
gute
Bären-Führerin! — Doch denke dir mich hier nicht zu froh:
sondern
ich werde mir hier nur mehrere Jahre Bedenkzeit nehmen, um als
ein
vernünftiger Man endlich einen lezten Ort zu wählen, den er ein
Paar Jahre hinter einander und nicht blos die ersten Wochen
durch
lobt. — Max verschönert sich ungemein; auch Emma, die Schönheit.
Getauft wurd’ er M(aximilian) e(rnst) e(manuel) r(ichter). Alles
knospet vor
Gesundheit, Mutter und Kinder. Lebe wohl. Schreibe
mir viel von dir und den Deinigen.
Eben fält mir mein gegen Emanuel dum-stolzer Sparneker
ein.
Emanuel sei so gut und schicke den Rendant. Kindern mit
beliebiger
Abtheilung für 2 rtl. Fressabilien. Ich saldiere.
Glüklicher Weise hab’
ich ihn endlich bezahlt durch den
Wechsel. Habt alle Kinderweih
nachten!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_430.html)