Von Jean Paul an Johann Gottlieb Richter. Berlin, 13. März 1801.
Brieftext
Warum solt’ ich auf dich böse sein, lieber Bruder? Aber Briefe
kosten mich — ausser den 8 gr. Porto — noch so viele Zeit, die ich
jezt unter so vielen Arbeiten und Besuchen, die ich mache und
bekomme,
nicht habe. Aller Welt bleib’ ich sie schuldig. —
Wilst du von Zeit zu
Zeit Neuigkeiten von mir wissen: so frage
blos Otto in Bayreuth.
Verheirathen werd’ ich mich im Mai und nach Meinungen ziehen.
Ob ich gleich hier so viele Freunde habe, von den Ministern an
bis
herab und oft 14 Tage hinter einander abends und
mittags ausser
Hause esse: so zieh ich doch weg, weil hier
keine schöne Gegend, kein
Bier und keine Wohlfeilheit ist. —
Eine 1te Amtmansstelle bekömst
du
nicht; und vergeblich bitt’ ich nie; also warte, bis eine
wahr
scheinlichere Hofnung sich zeigt.
Vorgestern lies mich Hardenberg
zum Essen bitten; im Falle einer Wahrscheinlichkeit
wend’ ich mich
dan an ihn. —
Dem Hohlkopf Adam sage, daß er nie in meine Nähe rücke;
und
dem Samuel, daß ich, ob ich gleich
jezt mehr an seine Besserung
glaube, doch ihn mit keinem Gelde — weil ich selber nicht
genug
habe — versehen könne; mit dem verschwendeten
hätt’ er studieren
können: jezt ists vorbei. Doch kan er einmal
so wie du in ein warmes
Nest verpflanzet werden. — In Meinungen
bin ich euch näher. —
Und so lebe wohl; und grüsse meine liebe Frau Schwägerin, der
ich
für ihr Andenken an mich danke.
Hab’ ich dir schon geschrieben, daß mir die Königin bei der Nachricht
meiner Verlobung ein ganz silbernes Thee- und Kaffeeservice
—
etwan 300 Thaler werth – geschenkt?
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_95.html)