Von Jean Paul an Johann Gottlieb Richter. Meiningen, 15. August 1801.
Brieftext
Lieber Bruder! Allerdings empfieng ich deine Briefe; aber bevor
ich deinen heutigen erhielt, war ich fest entschlossen, dir nichts wieder
zugeben, da du dich immer nach deinem
Belieben zum Kassierer
meiner — nicht deiner — Wohlthätigkeit machst. Doch solst
du
viginti florenos von Emanuel
bekommen. Hingegen für den lüder
lichen Tölpel Adam geb’ ich dir nichts
zurük; da ich nicht begreife,
aus welchem Grunde du es zu den Foderungen deiner Ehre
rechnen
kanst, die seiner Wirthe oder nur ihre Expressen zu
zahlen. So kan
dich ja der Esel arm fressen. — Übrigens nim
hier meinen Schwur,
daß ich dir von nun an keinen Heller wiedergebe, den du
auf meine
Rechnung verschenkt. — Samuel bekomt wöchentlich noch 1 fl. von
mir, aber bei der kleinsten Unart und Lüge zieh ich die
Pension ein. —
Wahrscheinlich komm ich im Herbste mit meiner
Frau nach Bayreuth,
wie werd’ ichs anfangen, bei einem kurzen Aufenthalte dich zu
sehen? —
Ich lebe seelig mit meiner herlichen, schönen
und edeln Frau; in ganz
Berlin hätt’ ich sie nicht zum 2ten
mal gefunden. — Ich stehe hier mit
dem Herzoge sehr gut und mus immer bei ihm sein wie er bei
mir; wär’
einmal etwas für dich zu thun, ich riefe dich aus deinem
Lande, wo
jedes Zelt aus Hungertuch gespant ist. — Es ist schön, daß du
nun
den Namen Richter viermal in die Rinde unsers
Stambaums mit
deinem scharfen Messer geschnitten. — Es gehe dir wohl und
deinem
guten Weibe noch besser. Es könte doch sein, daß ich
auf 1 Tag mit
meiner Frau zu dir führe, wenn der Weg nicht zu lang ist. —
Sie
grüsset dich und deine liebe Frau —
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_177.html)