Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 15. August 1801.

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Brieftext

Meiningen d. 15. Aug. 1801 .

Mein bester E- und Immanuel! Zuerst bitt’ ich Sie als meinen
Kriegs- und Friedenszahlmeister, meinem Rendanten — der mir
nichts rent〈d〉iert — 20 fl. rh. zu schicken, die er dem bayreuth.
Assistierten geschenkt. Meine Rechnung mus gros sein. Sehen wir
uns — hier oder dort — so wird sie berichtigt. Können Sie mit keiner
königl. Verschreibung auf die ostpreuss. Provinzen à  500 fl. etwas
machen? Die coupons werden in Kassel gezahlt. —

Unsere doppelten Reisen haben das Übel, daß jeder mit seiner in
die andere zu treffen fürchtet. Das mus aber so vermieden werden,
daß Sie mir — da ich kan wenn ich wil — schreiben, wenn Sie
kommen und schreiben, wenn Sie überhaupt zu Hause sind. Denn
8 Tage wäre mein längstes Bleiben und wäre auch ein langes, da
ich in B[ayreuth] kein Verlaufen in 100 Gassen und 1000 Stuben zu
befürchten habe. Die Ehe überwächset mich immer einsamer mit
ihrem Blütengesträuch. Sonst ertrug ich die gesellige Leere — die
fürchterlich algegenwärtig ist —, weil ich verliebte Fülle suchte.
Jezt brauch’ ich nichts als die Trink-Leere. —


Unbeschreiblich sehnt sich meine Caroline, die noch mehr Einsam
keit liebt, nach Ihnen und Otto. Im September mus ich sie Ihnen
bringen. Es ist ein Wesen ohne Gleichen; das sag’ ich in der Ehe
noch gewisser als früher. Wieland hält mich daher für ein Glüks
kind. —


Warum antwortet mir Otto auf meinen Brief vol Briefe nicht,
wovon er mir den Herderschen zurükschicken sol? Ich freue mich auf
seine Ehe. Geben Sie beiden den Bruderkus. Leben Sie wohl, mein
alter Geliebter, gegen den ich ein Säkulum schweigen könte, ohn ihn
darum weniger hel in mir gemalt zu haben. —


R.
herzogl sächs. hildburghäusischer Legazionsrath.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: SBa. 3 S. 8°; auf der 4. S. Adr.: H. Emanuel Bayreuth fr. Präsentat:Pr.[?] 18ten Aug. u. sogl. 20 fl. dem Rend. gesandt. 19ten beantw. K: Emanuel 15. Aug. J: Denkw. 1,97×. B: IV. Abt., IV, Nr. 154. A: IV. Abt., IV, Nr. 166. 97,23 Kriegs-] davor gestr. Geld- H 36 Leere] davor anscheinend etwas nachtr.,das mit dem Siegel abgerissen ist H 98,3 die bis 4 liebt,] nachtr. H

97,25 Assistierte: Samuel, s. 79, 9. 27 Vgl. Bd. III, 312,24f.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_176.html)