Von Jean Paul an Max Richter. Bayreuth, 1. März 1820.
Brieftext
Mein guter Max! Dein letzter Brief vom 27ten Febr. war mir
deiner Gesinnungen
wegen der erfreulichste; aber er brachte auch
einen Schmerz
mit. Nämlich den 18ten Febr. haben wir an dich ein
frankiertes Paket in Wachsleinwand auf die Post gegeben, mit
der
Aufschrift „Werth 10 fl., abzugeben im K.
Rektorat der Studien
anstalt“. Darin waren Westen,
Halsbinden, 10 fl., 1 Pfefferkuchen,
ein langer Brief von
mir und einer von der Mutter. Hättest du das
Paket noch nicht: so laufe ins Rektorat, oder dann in die
Post.
NB
Schreibe aber uns auf der Stelle, ob du es bekommen
oder nicht.
Deinen heutigen Brief beantwort’ ich im
nächsten. Schreibe mir,
warum du aus deiner vorigen Wohnung ausgezogen, und ob
du
noch deinen Stubengenossen hast und beantworte alles
in meinem
vorigen Brief ausführlich. Du bist doch nicht mit
den lieben Schlich
tegrolls zerfallen? — Wir sind
alle gesund. Emma ist in Konrads
reuth. — Dein Brief hat mich
gerührt und den Schmerz über die
Verspätung des Pakets
verdoppelt. Lebe wol!
treuer Vater
Richter
Ist mit einem akademischen Diplom eine Einnahme verbunden
oder eine Arbeit?
Geliebter Max! Wie es mich dauret, daß Du so lange in Ungewisheit über uns
bliebst, kann ich Dir nicht beschreiben. Jetzt werde ich
nicht eher glüklich sein als bis
ich mir den Empfang
dieses Briefes denken kann. Du guter Max! wenn Du nur froh
wärest und es Dir an Nichts fehlte! Wir leben hier angenehmer als sonst. Durch
die Anwesenheit eines Prinzen Pius von dem Du wohl wirst
gehört haben, ist der
Vater öfter zu Mittag aus, weil dieser ihn einlädt. Er
will sogar den 21ten März
zu
Mittag feiern, und der Vater ist im Voraus eingeladen wie auch den Abend bei
Herder, Ostreicher, und s. w. Eine Gräfin Schönburg mit
ihrer Tochter, Gr.
Düben hat auch rechte Freude den Vater zu sehen, und wir
brachten ein paar an
genehme Abende bei ihr und Fr. v.
Welden [zu]. Emma wurde von der herrlichen
Fräulein v. Re[izenstein] nach
Conradsreuth abgeholt, und sie genießt endlich das
längst versprochne Vergnügen. Morgen bin ich zum Caffee bei
der Rendantin,
deren Caroline ich einen Shawl für 7 ½ fl. geschenkt habe.
Herr von Mann dankte
neulich dem Vater für seinen Beitrag zur Eos, und schrieb dabei er habe so viel
Gutes von Dir gehört, und er werde Dich nächstens zum Essen
einladen. Er hat dem
Vater Wohnung, Kost, und seine Equipage
angeboten, wenn er nach München
käme. Auch der junge Welden hat
mit Freude geschrieben daß er Dich zuweilen
sähe. Wenn ich doch auch nach M.
reisen könnte, um Dich zu sehen mein Max, allein
nach meiner Berliner Reise deren Nachgenuß für meine ganze Zukunft mir süß
ist,
darf ich vollends nicht daran denken. Nun lebe wohl mein
Sohn! Odilie grüßt Dich
innigst. Kuß und Umarmung in Gedanken von Deiner
Mutter
Schreibe ja ob Du einen schönen Rock, Hosen, und
Strümpfe brauchst. Ich
habe es ja.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IX_27.html)