Von Jean Paul an Erhard Friedrich Vogel. Töpen bei Hof, 16. Februar 1789.
Brieftext
Wenn ich mir Ihr Bergschlos mit seinem Bergprediger und Ihre
romantische gebürgige Nachbarschaft und Ihre Bibliothek, die weder
in Rehau etc. einen Akzessisten nachgelassen, vormale: so
möcht’ ich stat
zu malen und zu schreiben lieber laufen und zwar eben nach
Arzberg.
Indes werden Sie bei Ihrem Abendmal bald an eine körperliche
Gegenwart glauben, an meine nämlich, blos damit
[ich] die Fr.
Pfar[rerin] um Erlaubnis bitte, die
Länge des Wegs durch die Länge
des Bleibens zu ersezen … Da man sich leichter um als in eine Pfarre
schreiben kan: so wird wol Ihre Feder ihr Sabbatsiahr feiern und
vom Raffiniren ausruhen: allein andre Leute verbieten das.
Die
gelehrte Geselschaft wil zum Bau einer Monatsschrift auch Ihre
Hand
ansprechen. Aber auch ohne den Wekker einer Miniatursynode
möcht’
ich Sie zum Schreiben, wenn nicht fürs Publikum
doch vorher fürs
Pult und mich, aufgerüttelt haben.. Bekman
beut Ihrer Bibliothek
die seinige an. Da Ihnen die Hände einerlei sein werden, in die
Sie
Ihren Beutel für Bücher ausleeren: so bitt’ ich, bevölkern
Sie die
öden Hände und gönnen Sie ihm von Ihren
Bücherlieferungen
½, ¼, \nicefrac {1}{16}, \nicefrac
{1}{100}. Überkömt Sie das Bedürfnis eines Verlegers: so
werden Sie mit Vortheil den Verleger Lübek gegen diesen
umtauschen.
[Bekman] drukt nicht nur allen Teufel
sondern auch sogar Arbeiten
des Teufels.
Ihr Brief siecht ausser [an] der Kürze auch
noch an dem Fehler,
daß er nicht — zu lesen ist: ich
dachte anfangs, Sie hätten in Sym
pathetische Dinte eingetunkt und hielt ihn ans Feuer, damit die
Buchstaben hervorkämen; aber stat der Buchstaben wurde nichts
schwarz als das Papier. Der Himmel gebe, daß Ihre gelbe
Dinte so
viele Protokolle und andre Banknoten schreibt, bis so
viel erschrieben
ist, daß eine schwarze geholt wird:
blos Ihrer Exzerpten und Manu
skripte
wegen, wovon ich die ersteren bei Ihrem Leben lesen und die
andern nach Ihrem Tode ediren wil. — Wenn Sie ein Buch begehren,
das mein ganzes philosophisches Gebäude umgebauet hat und
dessen
Tiefsin und Behauptungen gleich selten sind: so kaufen
Sie... Die
Berliner fuhren zwar aus ihren Hundshütten
heraus und in des
besagten Philosophen Beine hinein: aber Sie wissen schon, daß
Hunds
gebelle eben so gut einen Gast als einen
Dieb ansagt und eben sowol
den Überbringer dieses Briefs
anmelden kan als — im Monat März
den Schreiber desselben,
Ihren etc.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_247.html)