Von Jean Paul an Erhard Friedrich Vogel. Hof, 13. Oktober 1789.
Brieftext
Lieber Herr Pfarrer,
Wenn Sie das Vergnügen kenten, das ich aus Ihren Briefen
hole:
so würden Sie mir es öfter zuwenden. Ihre Standeserhöhung
nach Arzberg that nicht blos den Rehauern Schaden sondern auch
Einem Höfer; und ich lese iezt oft, um dem H. Pfarrer von
Arzberg
seine viertels und ganze Pausen im Briefstellen (wie im
Bücher
schreiben) zu vergeben, die
Briefe, die mir ein bekanter H. Pfarrer in
Rehau geschrieben.
Jedes Buch das ich schreibe ist im Grunde ein langer Brief an Sie;
aber Sie schreiben weder lange noch kurze mehr. Mein Buch,
wenigstens dessen ernsthafter Theil hätte mir wol einige
Marginalien
von Ihnen erringen sollen. Und Ihr vorlezter
wiziger Brief ist wol
seiner Fortsezung werth.
Beiläufig! Im Repertorio der theol. Litteratur steht in der Anzeige
der „Raffinerien“, zu deren Lob auf andere Journale verwiesen
wird,
daß ihr Verfasser Prediger in Baireuth sei. Und diese
Vermuthung
wird den boshaften Prediger in Arzberg so sehr freuen als eine
neue
reellere Versezung.
Ich habe mich enthülset und meinen bisher brochirten Leib in
Franzband eingebunden. Meinen Hals presset iezt das Zilizium und
der Ringkragen einer Binde und meine Haare laufen in ein suffixum
und einen accentus acutus aus, den
man hie zu Lande einen Zopf
nent. Ich merke aber sehr, daß
andere Menschen, seit ich meinen alten
Adam ausgezogen,
gegen mich den neuen bessern angezogen und ich
freue mich, die Rathgebungen von Ihnen iezt zu realisiren, die
ich
sonst widerleget hatte.
Seit der Übersezung meines Leibes aus dem Englischen ins Vogt
ländische, reis’ ich noch freudiger nach
Arzberg unter Ihre Augen nicht
blos, sondern unter noch zwei andere, die schöner sind
als Ihre.
„Ich komme bald“ sagt die Apokalypsis und ich. Denn ich habe
ohnehin blos die Wahl, Sie entweder noch im Herbst oder im Mai
zu
sehen, weil der Winter diesen langen Weg verbietet und
verbauet.
Leider bleib’ ich nachher auch mehr als Eine Nacht
bei Ihnen.
Sein Sie so glüklich wie Ihre Beichtkinder daß sie Sie haben und
schreiben Sie mehr und länger an und über mich. Ich habe die
Ehre
mich den vier genanten Augen zu
empfehlen und bin mit gröster
Hochachtung
gehors. Diener und Freund
J. P. F. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_286.html)