Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 17. Februar 1791.
Brieftext
Lieber Otto,
Um 5 Uhr.
Denn ich hatte vor Exzerpieren und Elaborieren keine Zeit als iezt,
2 Gassen von dir. Ich bin schon wieder mit einem ½ Aufsaz da,
und
möcht’ ihn wol am Sontage wiederhaben, nicht um meine Sachen
wiederzulesen sondern um deine.
Bei diesen mit unendlicher Wollust empfangnen und gezeugten
4
Bogen bedenke 1) daß es in 10 Tagen geschah 2) und in gestohlnen
Stunden nach und vor der Schule 3) und daß es soviel ist als
schlägst du
das Ei auf und besiehest das rinnende Hühngen 4)
und daß es dürre
Knospen und Vorübungen sind, damit
unser Einer so gut einen Roman
in die Welt sezen könne als H.
Thylo 5) und was ein Vorredner noch
beibringt.
Suche in Wuz keinen eiteln eingeengten Orbilius sondern nur ein
in sich vergnügtes Ding.
Manche Episoden müssen aufgeblasen, vergrössert und wie Ableger
Polypen vom Stam-Polypen abgerissen werden, um für sich zu
leben,
z. B. das von den elenden Dorfschulen.
Gleichwol, troz meiner vorrednerischen Entschuldigungen kritisiere
so, als wären sie nicht.
Bei einigen leeren Räumen mus ich erst meine Exzerpten nach
sehen.
Gleich vor oder nach dem Essen seh ich dich.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_362.html)