Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 3. Mai 1783.
Brieftext
Liebe Mama,
So lange Sie mir nicht antworten, so lange schreib’ ich auf keinen
halben Bogen mer, sondern nur auf kleine Blätgen, aber auch von
feinem Papier. Sie werden mich doch nicht vergessen haben?
Oder
sind Sie krank? oder haben Sie meinen neulichen
Brief an Doppel
maier nicht erhalten, dem ich ein so kleines
Briefgen an Sie bei
gelegt?..... oder haben
Sie mir gar keine Neuigkeiten zu schreiben?
Ich hab keine; darum
nam ich so ein kleines Blätgen. — Wenn ich
zu Pfingsten nach Hof
komme, so werd’ ich Ihnen nicht nur mich,
sondern auch alte Wäsche mitbringen. Sie schikken ia
meinen Strümp
fen und Hemdern gar keine
Rekruten nach? Ich habe keinen ganzen
Strumpf; ich lasse wol
einige flikken, aber was ist das. Grobe Hemde
hab’ ich genug;
nur nicht viel klare; und blutwenig zerrissene Strümpfe.
— Was
macht mein Samuel? Ich freue mich recht auf den kleinen
Jungen; sagen Sie ihm doch, daß er mir ein par Zeilen
schreibt, wenn
Sie nicht können. — Sein Sie nicht böse, daß ich
so lustig bin: denn
ich schreibe den ganzen geschlagnen Tag
spashafte Bücher und da kan
es denn nicht anders kommen als daß
ich auch spashafte Briefe schreibe.
Noch eins! Ich bin nicht
mer in meinem alten Logis, sondern auf den
Sommer in
einen schönen Garten vor dem Tore gezogen. Ich bin aber
immer
noch bei demselben Hern, dem mein voriges Logis gehörte; der
Garten gehört nämlich ihm. Auf Ihren Briefen behalten Sie
dem
ungeachtet noch die alte Addresse
bei; sie werden mir schon übergeben.
— — Leben Sie wol und
schreiben Sie nicht [!] an
Schikken Sie dieses Paket gleich an den Pfarrer in Rehau. Was
macht der alte Adam, mein Bruder? Komt er zu Pfingsten auch
nach
Hof? —
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_40.html)