Von Jean Paul an Johann Chr. Martin Miedel. Bayreuth, 4. März 1822.
Brieftext
Ich komme zu Ihnen als Abgeordneten, hochzuverehrender Kammer
rath, selber als ein Abgeordneter, obwol nur von einem
Wahlmann
geschickt, vom Uhrmacher Gewinner. Dieser wünscht in Ihr Haus an
dem Eremitager Thor, d. h. in die Wohnung, die zu
Walpurgis ein Paar
Frauenzimmer verlassen, zu ziehen. Er will aber die seinige
nicht eher
aufkündigen, als bis er Ihr Ja für die neue
erhalten.
Dies ist das Einzige was gegenwärtiger Abgeordnete vorzutragen hat.
Die Tyroler Luft- und Windarten werden Ihrer Brust nicht so gut
bekommen als die des Stände-Saals. Aber der Kreis
gemeinschaftlicher
und wichtiger Bestrebungen erheitert und stärkt zugleich.
Ueberall freuet
man sich der ständischen Kämpfe und — Siege.
Auch die pontinischen
Sümpfe — ich meine die Münchner Einwohner — werden
geistig
gelüftet werden.
Ihr reizender Garten — aus dem ich eben schreibe — und der Gärtner
werden diesesmal 1½ Monate eher fertig, so wie
wahrscheinlich die
Stände-Versammlung um eben so viele
später. — Der Blumen-Harem
freilich blüht und verblüht, wie
ein orientalischer, ohne den Besitzer;
die Feldheim ist ab- und die weiße Carmel aufgeblüht.
Welch’ ein
Blumenweiß! — Es gehe Ihnen recht froh!
—
J. P. F. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_254.html)