Von Jean Paul an Wolfgang Menzel. Bayreuth, 11. August 1823.

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Brieftext

Baireut d. 11. Aug. 1823

Durch die Faulthierpost der sogenannten Buchhändlergelegenheit
erhielt ich Ihr reiches Mai Geschenk erst d. 8ten August; daher mein später
Dank für dasselbe. Ich freue mich über die Fülle Ihres Witzes und Ihrer
Phantasie und über den richtigen Geist Ihrer meisten Urtheile. Eine
solche Ueberzahl von Treffern entschuldigt leicht das Mitlaufen einiger
Nieten; doch solche wie S. 185 über die Krankheit Gottes etc. etc.
wünscht’ ich herzlich hin weg. Hinein wünscht’ ich wenigstens die Form
einiger Zusammenreihung unter Rubriken, damit aus den auseinander
liegenden Glanzthautropfen ein Regenbogen würde.


Aber künftig wird Ihre Kraft sich eine Form, welche diesen Musaik
stiftchen durch Zusammensetzung in Ein Gemälde erst den größern
Werth vermittelst des Ortes verleiht, zu wählen wissen. Denn was
wirkt ein schönes vereinzeltes blitzendes Auge in einem Ringe gegen
eines in einem ganzen Gesichte? —


Leben Sie recht glücklich und Ihr Schicksal sei Ihres Talentes
würdig!


Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Literaturarchiv, Berlin. 2 S. 8º. K: An Wolfgang Menzel in Heidelb. 11 Aug. J 1: W. Menzels Denkwürdigkeiten (1877), S. 184. J 2: Briefean W. Menzel (Berlin 1908), S. 138. 231,11 ein] davor gestr. wenigstens H 15 wirkt] aus ist H vereinzeltes] nachtr. H 16 ganzen] nachtr. H

Menzel hatte seine J. P. nachgebildeten „Streckverse“ (Heidelberg1823) übersandt. Darin S. 185: „Phantasmorasie heißt die Krankheit, inder alle Gedanken zu lebendigen Gestalten sich zu verwandeln scheinen.So ist wohl die Welt nur Phantasmorasie, Krankheit Gottes.“ 231, 3 Faulthierpost: vgl. 221,18 .

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_390.html)