Von Jean Paul an Joseph Max. Bayreuth, 30. Oktober 1825.
Brieftext
Ihre Briefe, hochgeachteter Mann, las ich bisher mit eben so viel
Schmerz als Liebe. Sie werden in allen meinen Briefen
nirgends
finden, daß ich Ihnen die Herausgabe meiner
Werke unbedingt ver
sprochen habe, sondern mich immer auf
Reimer, der meine meisten Ver
lagsartikel besitzt, berufen habe, wozu
noch ein besonderer Artikel über
Siebenkäs kommt. Aber
glauben Sie mir, nie machte mir der Mangel
eines nähern Zusammenkommens so große Schmerzen, als
der mit
einem Manne, der sich schon von selber mit seinem
Werthe der Seele
nähert. Mein einziger Trost ist dabei, daß
ich schon längst in frühern
Versprechungen Ihnen ein neues,
dickes Lieblingbuch zugesichert habe.
Die Verhältnisse mit Cotta, dessen
Plane ohnehin ins Ungeheuere
arbeiten, machen das Auflösen solcher kleiner nicht
schwer. — So ver
zeihen Sie denn,
hochgeachteter Mann, alles, womit ich etwa Ihre
Hoffnungen
getäuscht haben könnte. Das Wichtigste, was ich ganz
Ihrem
Herzen überlassen muß, ist die Ausgleichung mit Reimer, der
sich, hoffe ich, allen Foderungen für die Billigkeit
überlassen wird.
Unsere Verhältnisse bleiben vor uns und der Welt ungestörte. Die
Zukunft tritt ohnehin noch dazu, wo ich Ihnen später die
versprochenen
Werke gebe. Ach lieber Joseph Max, ich bin
jetzt sehr angegriffen, nicht
blos von Anstrengungen der
Sammlung, die ohne fremde Mithülfe
ohnehin unübersteiglich
wären, sondern vorzüglich, weil ich mit ver
finsterten November-Augen, welche das Frühlingsmesser erst
heilen
kann, arbeiten muß, und am allermeisten, weil eine
ganz unbegreifliche,
unverschuldete Bauchwassersucht mich
mit allen unzähligen Mühselig
keiten der
Heilung martert und stört.
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_509.html)