Von Jean Paul an Max Richter. Bayreuth, 19. November 1819.
Brieftext
Mein geliebter Max! Dein Brief und dein Leben gaben mir
recht viel Freude. Aber deine Ausgabrechnung sende mir nur
monatlich, und zwar zusammengezogen, z. B. Summe für 30 Früh
stücke. Auch darbe dir dein bestimmtes Mittagessen von 12
kr.
nicht ab. — Du sollst keine Stunden geben, da
du kaum zum Nehmen
derselben Zeit genug hast. Studiere abends
nie über 11 Uhr; den
Verlust bringt die größere Zahl der
Morgenstunden im Sommer
ein. Augen und Nerven halten es wol
einige Jahre unter dem
Scheine voller Gesundheit aus; aber
dann bricht alles auf desto
längere Zeit zusammen.
Meine fünf[zig]jährige Gesundheit bei
50 literarischen Geburten verdank’ ich jener Regel. — Mache
keine
Zeichnungen; für dich gibts jetzo keine größere
Verschwendung
als die der Zeit.
Die Ballen Papier, die du zu verschreiben hast, bis und wenn
du gelehrt bist, werden ohnehin deine Buchstaben noch genug
ver
renken und zerquetschen. Glattes
Papier, wenn auch nur wenig
weiß, wäre mir ein herrliches
Glatteis für das Schlittschuhlaufen
meiner Feder; sende mir
ein Schnitzchen, z. B. als Couvert, zur
Probe mit. Hast du nicht die Bibel und das französische
Lexikon,
sonst doch keine freundliche Nachbarn, in deinem Fasse
zusammen
gebracht? — Kirchenrath Kaiser bracht’ uns freudig und gütig
die Nachricht, in welchem schönen warmen Klima lauter
liebender
Menschen du lebst. Bringe darunter Thiersch Dank und Gruß;
und nun vollends den theuern Schlichtegrolls. — Ich freue mich
innig auf den
Frühling, wo ich dich wiedersehe als einen aufgeblühten
zweiten Frühling, der mich im Spät-Herbste meines Lebens belohnt.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_596.html)