Von Jean Paul an Max Richter. Bayreuth, 17. Dezember 1819.

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Brieftext

Baireut d. 17. Dez. 〈Freitag〉 1819

Mein guter Max! Hier send’ ich dir eine gekaufte Anweisung auf
25 fl. Schicke deine ganze Rechnung nebst der Anzeige des Geld
restes. Du selber sagtest mir hier, für 12 kr. bekomme man ein gutes
Mittagessen; nimm also 15 kr. und leide keinen Hunger. Bei
Halsübel frage sogleich den Arzt, da du mich nicht hast und da der
Croup so leicht im Hinterhalte sein kann. — Die versprochne Uhr
wird dir Regemann mitbringen. — Die Mutter ging in einem
schönen Wagen nach Chemnitz und in einem eignen nach Dresden,
wo sie 5 Tage froh unter neuen und alten Bekanntschaften zubrachte
— z. B. bei Elisa v. der Recke, an die ich sie empfohlen — und kam
den 6ten in Berlin an. — Emma kocht und wirthschaftet unerwartet
gut und ich vermisse nichts. — Deinen zu freimüthigen Brief an
Wagner sende mir unversiegelt zum Entscheiden über die Abgabe.
— Schreibe mir, wie du deine Abende und Sonntage zubringst. —


Deine Handschrift quälte mich bei der Durchsicht des Abgeschrieb
nen ungemein. Was helfen scharfe Du suchst sie ohne Noth und schneidest daher die Feder so oft. Züge, sobald es falsche
sind? Deine ß und st sehen wie s oder f aus; also schreibst du aslo;
nuch statt euch — b wie l, z. B. Knale statt Knabe; die th wie ch.
Daher konnt’ ich in deinem letzten Briefe nomina propria nicht
lesen, weil man sie nicht wie andre Wörter errathen kann. Ich bitte
dich, schreibe dir als dein Selbst-Schreibemeister jeden getadelten
Buchstaben zu wiederholter Nachschreibung vor. Du wirst dich
dann einst nicht über mein Klagen beklagen. Warum konnten
meine 50 opera und 50 Jahre und so viele Exzerpten meine Hand
schrift doch leserlich lassen? Und warum beginnst du mit der Un
leserlichkeit, womit andere kaum endigen? — Die Freitags Post
geht in 2 Tagen nach München. Lasse dir die gleiche Rück-Post
sagen. — Streifen anders politische Neuigkeiten dein Ohr vorbei:
so halte einige für mich fest und bereit. — Grüße meine geliebte
Auguste und ihren Gatten und Thiersch. — Die Mutter wird schon
an deine Weihnachtzeit denken. — Meinen Leib hetzt eine Winter
plage nach der andern. — Bleibe gut und gesund!


Dein Vater
Richter

Textgrundlage

Jean Pauls sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 7. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1954.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin acc. ms. 1934. 92 (derzeit BJK). 2 S. 8°. B: IV. Abt., VII, Nr. 232. A: IV. Abt., VII, Nr. 239. 322,30 Schreibemeister] aus Schreibmeister 323,3 Rück] aus retour

322,16 Regemann: vgl. Nr. 31†.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_608.html)