Von Jean Paul an Johann Ernst Wagner. Bayreuth, 26. Dezember 1809.
Brieftext
Mein lieber Wagner! Sie geben zugleich viel Schmerz und
viel
Freude; aber diese mehrt jenen. Wär’ ich nur bekannter mit
Ihrer Krankheitsgeschichte, so wollt’ ich Ihre — höchst wahrschein
lich nur hysterischen — Besorgnisse
umwerfen. Beim Teufel! er
soll Sie noch nicht holen, und Gott
eben so wenig. —
Auch ich hatte so einen Krankheits-Besuch den Sommer hin
durch (das Wechselfieber), der erste seit 40 Jahren; indeß
heilt’ ich
mich selber ohne Bett und Arzt.
Ich habe gar nichts dagegen, daß Sie mein Gesicht als Ihre
Maske aufsetzen. Leider schickten Sie mir nur so wenige
Register
Buchstaben. Es ist eine schöne
Individualität in diesem Register,
das wie ein Roman anzieht
und fortführt. Erfreulich waren für
mich — der ich nie daran
dachte — solche Kombinazionen des Zufalls
und Ihres
Witzes wie bei Kuhschnappel und besonders bei Hornrichter.
Meine Kinder sind so wenig krank als die Sterne; können aber
auch kaum ihren Namen schreiben. Vid.
infra!
Rufen Sie meinen jüngsten Gruß aus Ihrem Fenster dem Alt
Jüngling in seines hinüber, meinem theuern Heim, den ich
eben so
erfreuet lachen als dozieren hörte. Ja ich glaube, er
könnte mich
schelten, und ich fände noch Reize.
Hier nur einige unbedeutende Sprachanmerkungen über Ihre
trefflichen Hefte .... etc.
Leben Sie wol! — Nein! sondern: leben Sie, guter Wagner,
damit ich Sie wieder sehe.
J. P. F. Richter
[Darunter die selbstgekritzelten Namen der Kinder und einige
Zeilen von Karoline.]
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_213.html)